Martins Sammlung: rein subjektive Eindrücke unseres chronisch Magazine kaufenden Chefredakteurs.
Hätte ich das Heft für 9 Euro gekauft, wenn ich am Kiosk drüber gestolpert wäre? Vielleicht. Wahrscheinlich. Die Idee hinter ALLE finde ich riesig. ALLE machen… was? Wirklich alle? Aber wie ist das für jeden Einzelnen? Irgendwie ist es dann doch immer anders, oder? Und wie anders?
Aber genau da springt die Redaktion zu kurz. ALLE fühlt sich noch ein bisserl nach Seminararbeit im Germanistikstudium mit Schwerpunkt Journalismus an. Ein paar junge Leute denken über Arbeit nach, und zwar vor allem über ihre künftige und die ihrer direkten Umgebung.
ALLE sterben?
Dabei steckt in „ALLE arbeiten“ so viel mehr. Wo ist die Leisure-Class der Menschen, die nicht mehr arbeiten müssen? Was ist mit der Klofrau, die mit unseren 50 Cent ihre Verbrauchsmaterialien bezahlt? Oder die letzten Kohlekumpel, denen die Arbeit ausgeht oder das Start-up, das Arbeit für sich neu definiert? Was ist mit den Call-Center-Agenten oder Supermarktkassiererinnen, die diese Arbeit annehmen mussten – oder gerne machen. Und wie fühlt sich ein Beamtenleben im mittleren Dienst an? Ist Soldat sein Arbeit? Und was ist mit dem Unterschied zwischen Arbeit, die die Gesellschaft wirklich braucht wie Arzt oder Polizist und Arbeit, die es nur gibt, weil jemand sie bezahlt, wie Werber?
Wie gesagt, die Idee mit naiven Fragen die Wirklichkeit hinter naiven Pauschalisierungen zu entdecken, ist toll und hat großes Potenzial. ALLE essen, ALLE schlafen, ALLE fahren Auto, ALLE sterben. …
Alles Gute!
Noch steckt von dem Naiven aus dem Untertitel (ALLE – ein naives Gesellschaftsmagazin) zu wenig in den Fragen und zu viel in den Antworten. Aber das Heft ist gut geschrieben und es gibt schöne redaktionelle Ideen. Darum überwiegt unterm Strich die Neugier aufs nächste Heft und darauf, wie sich die Redaktion weiter in ihre Idee reinfindet.
Und falls sich jetzt jemand fragt: Nein, diese Ausgabe von ALLE ist nicht geklaut. Die Redaktion hat die Ausgabe via Crowdsourcing finanziert und pr+co hat mitgesourced.