Snap­chat: to snap or not to snap …


Der Instant-Messa­ging-Dienst Snap­chat wird derzeit als heißer Marke­ting-Kanal für Unter­nehmen gehan­delt, die auf eine sehr junge Ziel­gruppe schielen. Manch einer sieht nun sogar Poten­zial für die B2B-Kommu­ni­ka­tion. Ist da was dran?

snapchat-b2b-hamletDer aktu­elle Hype um Snap­chat ging auch an uns nicht spurlos vorüber. Im Januar habe ich mir die App instal­liert. Ein Kollege albert schon seit über einem Jahr mit seinen Teeny-Töch­tern via Snap­chat rum. Wir sind uns einig: Die Ober­fläche ist häss­lich und schwer benutzbar, Funk­tionen undurch­sichtig, der Aufbau eines Freun­des­kreises ein Graus. Müssen wir als B2B-Spezia­listen sowas ernst nehmen?

Nach viel auspro­bieren und noch mehr Lesen, unsere Erkenntnis vorneweg: Nur wenn Sie bereits auf den Massen­ka­nälen Face­book, Youtube, Twitter, Insta­gram und Co. alle Register des profes­sio­nellen Content Marke­ting gezogen haben und wenn Sie eine extrem junge Ziel­gruppe (bis max. 25 Jahre) anspre­chen möchten, nur dann ist Snap­chat für B2B-Kommuni­katoren tatsäch­lich rele­vant.

Ein tieferer Blick ins Snap-Universum lohnt sich aber trotzdem. Denn der Instant-Kanal gilt schließ­lich als die derzeit am schnellsten wach­sende Soziale Platt­form – von einem solchen Über­flieger lässt sich immer etwas lernen.

Schick mir ’nen Snap

Snap­chat für Einsteiger

Die Chat-Funk­tion via Bild oder Video mit einge­bauter Selbst­zer­stö­rung kurz nach dem Betrachten bildet die Grund­funk­tion von Snap­chat. Freunde verbinden sich durch Abscannen ihres Snap­codes, einer cool gewor­denen Abwand­lung des alten QR-Codes.

Dass die App dabei nicht hübsch gestaltet ist und eine sehr eigen­wil­lige Benut­zer­füh­rung aufweist, tut dem Erfolg in der jungen Ziel­gruppe keinen Abbruch: bei inten­siver Nutzung gewöhnt man sich schnell daran. Die Filter zur Verzie­rung und Beschrif­tung meiner Selfies sind hier wesent­lich lustiger als anderswo – und vor allem schnell. Denn Schnel­lig­keit und Authen­zität sind auf Snap­chat alles.

Verjün­gungskur für Medi­en­marken

Snap­chat für Kommu­ni­ka­toren

Span­nend für Unter­nehmen ist der neben der Chat-Funk­tion ange­flanschte Discover-Bereich. Dort bereiten heute schon Medi­en­häuser ihre Inhalte attraktiv für Snapper auf: audio­vi­su­elle Anima­tionen und Video­teaser ebnen den Weg auch in längere Lese­stücke. So ist zum Beispiel CNN oder National Geogra­phic vertreten. Deren Auftritte wirken im Vergleich zu ihrem sons­tigen Erschei­nungs­bild viel flotter, neuer und span­nender. Sie wirken auf Snap­chat einfach jünger und leben­diger.

Jung, schnell und lese­faul

Ein gutes Beispiel für eine sinn­volle jour­na­lis­ti­sche Nutzung war auch das Snap­chat-Diary der Grammy Awards. Auf dem Video sah man Stars auf dem roten Teppich, verwa­ckelte Clips von Auftritten und Dankes­reden, alles kombi­niert mit Bauch­binden und kurzen Funfacts. Zudem lag über den Clips ein eigenes Grammy Banner. Für die jungen, schnellen und Lese­faulen sicher eine attrak­ti­veres Angebot als die Arti­kel­serie auf Spiegel Online.

I don’t really see what they send.
I tap through so fast.
It’s rapid fire!

Wie schnell Snap­chat und ihre jungen Nutzer wirk­lich sind, können Sie in diesem beein­dru­ckenden Bericht des Blog­gers Ben Rosen nach­lesen, der das „rich­tige“ Snappen von seiner 13jährigen Schwester gelernt hat – und sich dabei mit seinen 25 Jahren schon ziem­lich alt fühlte.


Content schafft Nähe und Authen­ti­zität

Entschei­dend auf Snap­chat ist die Unmit­tel­bar­keit. Ich bekomme Infor­ma­tionen direkt nachdem etwas passiert ist. Das Medium vermit­telt das Gefühl von Nähe und Inti­mität als wären meine Freunde dabei gewesen, weil die auch diese Wackel-Videos verschi­cken. Mit mini­malem Lese- und Zeit­auf­wand wusste ich beim Grammy-Beispiel wer richtig abge­räumt hat. Und dass der Clip morgen nicht mehr verfügbar ist? Das ist mir egal, denn darüber spreche ich heute. Morgen gibt’s neue Themen.

Snaps für die Mitar­beiter?

Macht sich Snap­chat auch in der Beleg­schaft breit, dann könnten interne Kommu­ni­ka­toren mit Snap-Diaries beispiels­weise vom ersten Messetag, über einen typi­schen Arbeitstag eines Azubis oder über den Firmen-Mara­thon einen die (digi­tale) Mitar­bei­ter­zeit­schrift flan­kie­renden Content Kanal eröffnen und mit authen­ti­schen Berichten Sympa­thie­punkte sammeln.

Content für 24 Stunden

Aber lohnt der ganze Aufwand? Im B2B ist es schwer vorstellbar, aufwändig produ­zierten Content für nur 24 Stunden Sicht­bar­keit zu erstellen. Aber viel­leicht wählt man Snap­chat der Cool­ness wegen und verewigt das danach auf Youtube wie z.B. Eva Schultz.

Ein Ansatz, der zumin­dest unsere Fantasie beflü­gelt: Snaps auf Youtube haltbar machen und dann über Blog oder Face­book posten. Mit dem rich­tigen Thema kann das ein witziger, schneller und zumin­dest im Moment noch inno­va­tiver und billiger Video-Content-Gene­rator sein.

Claus Schöffel
  • Autor:
    Claus Schöffel
  • Datum:
    24.02.2016
  • Lesezeit:
    viel länger als ein Snap

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