Hinter den 24 Türchen unseres Adventskalenders verstecken sich 24 Beispiele für herausragendes Storytelling vom Musikvideo bis zum Gruselschocker – jeden Tag ausgesucht und vorgestellt von einer anderen Magaziniker*in.
1
Der Name der Rose
von Umberto Eco
Was passiert, wenn ein Professor für Mediävistik und Semiotik einen mittelalterlichen Krimi schreibt?
Metaebenen schichten sich über Metaebenen, von Shakespeare bis zu Sherlock Holmes verstecken sich Easter Eggs in jedem Satz. Leser:innen verlieren fast den Verstand über all die Mystik.
Dabei hatte Umberto Eco nur ein Ziel: „Ich wollte einen Mönch vergiften, der Rest ist Fruchtfleisch.“
Etwas simples, das gleichzeitig so kompliziert ist – darum lese ich dieses Buch einmal im Jahr.

2
Eine Billion Dollar
von Andreas Eschbach
„Geld arbeitet nicht. Arbeiten müssen immer Menschen. Und Geld vermehrt sich nicht. Jeden Dollar, jeden einzelnen Cent, um den ein Konto anwächst, hat irgend-
jemand erarbeitet.“
Plötzlich besitzt John Salvatore
Fontanelli eine Billion Dollar. „Wohin mit dem Geld?“, ist erstmal keine Frage, denn ein paar Millionen sind
schnell für Uhren, Immobilen und Luxus-Autos verprasst.
Als John feststellt, dass sein Vermögen trotzdem jeden Tag rasant wächst, versucht er eine sinnvolle Verwendung für das Geld zu finden.
Er nimmt den/die Leser*in mit
auf eine Entdeckungsreise zur Quelle seines immer größer werdenden
Reichtums – inklusive einiger unangenehmer Überraschungen.
Für mich ein tolles Beispiel
für Storytelling, da hier die Grundzüge des Finanzsystems und die Macht von Zins und Zinseszins auf einmal nicht mehr abstrakt sind, sondern
durch die Entdeckungen von John erlebbar werden.
3
Pulp Fiction
von Quentin Tarantino

Pulp Fiction ist cool, ist lässig, ist schräg, ist anders. Tarantino hätte die Geschichten der Hauptfiguren Mia, Vincent und Jules auch ganz anders erzählen können. Klassisch.
Aber der Regisseur nimmt alles, was bis zu dieser Zeit als „Pulp“, also schlecht, als Schund, als billig gilt und kreiert damit ein filmisches Meisterwerk.
4
„Wehen“ in Ave Maria
von Franz Schubert
Franz Schubert: Ellens Gesang III „Hymne an die Jungfrau“, D 839, Op. 52 Nr. 6
„Aus diesem Felsen
starr und wild
Soll mein Gebet zu dir hinwehen“
Hier finden Musik und Bedeutung
so schön zusammen, dass über mich
stets ein Schauer geht an dieser Stelle.
Das gesungene Wort imitiert
die Bewegung von „wehen“.
Gerade WEIL es nur eine imaginierte Bewegung sein kann – es geht
um etwas Immaterielles, ein Gebet -, wirkt es auf mich noch stärker.
Warner Classics International, Franz Schubert: Ellens Gesang III „Hymne an die Jungfrau“, D 839, Op. 52 Nr. 6 Gesang: Barbara Bonney, Klavier: Geoffrey Parsons
6
Weihnachtskarten Roboter
von den Magazinikern
Kling Glöckchen, liebe/r Leser*in
gute Texte für Karten ich bring.
So manche Story ist auch dabei,
für mich ein Klacks und du bist frei.
Musst nie wieder Weihnachts-Texte verfassen, kannst dafür
die Seele baumeln lassen.
Klick mich
und ich helfe dir für jeden Mann und Maus die ideale Weihnachstkarte zu zaubern. Glaubst du nicht?
Probier’s mal aus!
7
Chernobyl
HBO-Miniserie von 2019
Wie klingt ein Plätzchen?
Welche Farbe hat „Alle Jahre wieder“?
Menschen mit synästhetischer
Wahrnehmung können das vermutlich beantworten. Dank der Komponistin Hildur Gudansdottir werden
wir alle zu Synästheten:
Mit ihrem Score für die preisgekrönte HBO-Miniserie „Chernobyl“
macht sie die unsichtbare, schwer zu begreifende Gefahr austretender Radioaktivität spürbar.
Das ist für mich als Kreativmensch
und Kind der Neunziger eine zweifach besondere Erfahrung.
Als Recherche hat Hildur in einem
stillgelegten Atomkraftwerk in Litauen mit einem hochsensiblen Mikrofon den Sound des Werks aufgezeichnet.
Der daraus entstandene Score macht
die Radioaktivität selbst zum „Bösewicht“ der Geschichte.
8
Glück
von Hermann Hesse
Solang du nach dem Glücke jagst,
Bist du nicht reif zum Glücklichsein,
Und wäre alles Liebste dein.
Solang du um Verlornes klagst
Und Ziele hast und rastlos bist,
Weißt du noch nicht, was Friede ist.
Erst wenn du jedem Wunsch entsagst,
Nicht Ziel mehr noch Begehren kennst,
Das Glück nicht mehr mit
Namen nennst,
Dann reicht dir des Geschehens Flut
Nicht mehr ans Herz, und deine Seele ruht.
Was ist Glück und
wie wird man glücklich?
Diese Fragen stellen sich Menschen seit Tag 1. Große Denker wie Platon,
Aristoteles und Kant haben sich an Antworten versucht und damit ganze Buchbände gefüllt. Im Zeitalter von TikTok & Co. ist die Aufmerksamkeitsspanne jedoch kurz.
Ebenso kurz sollten daher auch
die Antworten auf die großen Fragen
des Lebens ausfallen.
Das klingt nach der Quadratur des Kreises. Doch wie sagte einst Charles Bukowski in Hot Water Music:
„Genie ist vielleicht die Fähigkeit,
etwas Tiefschürfendes in einfachen Worten zu sagen.“
Und genau das schafft Hermann Hesse mit seinem Gedicht. Ihm gelingt in wenigen Versen eine einfache Anleitung zum Glücklichsein. Das macht für mich gutes Storytelling aus.
9
Borgen –
gefährliche
Seilschaften
von Adam Price
Die dänische Polit-Serie „Borgen“
zeigt den Weg der designierten
Premierministerin Birgitte Nyborg an die Macht. Sie startet als sympathische, visionäre Politikerin, verrät nach und nach immer mehr ihre Ideale, opfert Freunde und Familie.
Die Serie hat mich gefesselt, weil es
auch neben der Protagonistin viele spannende Figuren gibt: Spindoctors, Journalisten, Parteifreunde und -feinde, der Ehemann und die Kinder.
Sie alle sind extrem facettenreich
angelegt. Keine Figur ist nur gut oder böse, es gibt viel Grau und wenig Schwarz-Weiß. Am Ende erreicht Birgitte ihr Ziel und zahlt den Preis dafür. Sie ist mächtig – und einsam.
10
Ein Bild erzählt Geschichte(n)
von O. Winston Link

Eine Dampflok stampft durch das Bild, ein Flugzeug huscht über die Kino-
leinwand, ein Pärchen sitzt eng umschlungen im Auto und betrachtet
die Szenerie. Das Foto wirkt wie ein Standbild aus einem Kinofilm und es erzählt das Ende eines Zeitalters:
dem der Dampflok – aber eigentlich noch viel mehr.
In der Zeitung entdeckt, später in
einer Ausstellung in München gesehen, hat mich das Bild sofort fasziniert.
Der Schöpfer der Aufnahme,
O. Winston Link, Bauingenieur und Werbefotograf, machte es sich in 1950er Jahren zur Aufgabe die Dampfloks der Norfolk & Western Railway in den USA zu dokumentieren, bevor sie ganz von der Schiene verschwinden.
Dafür fertige Winston akribisch
Lichtpläne an, berechnete Stärke, Reichweite und Position der
Lichtreflektoren und Kameras.
Für das Bild vom Autokino
positionierte er 43 Blitzlichter, die mit einer selbst gebauten Synchronanlage gleichzeitig auslöst werden konnten – genau ein Mal: danach waren die Blitzlampen unbrauchbar.
Er selbst beschrieb den Moment so:
„Da ich in der totalen Dunkelheit nur den Scheinwerfer der Lokomotive erkennen konnte, wusste ich erst, nachdem das Blitzlicht ausgelöst war, dass ich das große Los gezogen hatte“.
11
Schneeglöckchen
lettisches Blumenmärchen
von Anna Sakse

Wisst Ihr, warum ein Schneeglöckchen trotz Eisdecke blüht? Anna Sakse erklärt es uns auf wunderbare Weise in ihrem Blumenmärchen: Die Tochter des Schnees wird verheiratet mit dem
Nordwind, doch ihre Liebe gilt dessen Bruder Süd. Wenn sie ihn spürt, hebt sie ihr Köpfchen.
Die Geschichten aus dem lettischen Buch „pasakas par ziediem“ verzauberten mich schon vom ersten Lesen an. Man taucht dabei in eine Fantasiewelt der Natur ein, in der auch Tiere und Menschen ihren Platz finden. Die Bilder dazu malt Anna mit ihren Worten.
12
Rides of Japan
von Tobias Olofsson
Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung? Nicht für Tobias Olofsson– und alle anderen „Weight Weenies“.
Also Rennrad-Freaks, deren höchstes Ziel ein maximal leichtes Sportgerät ist.
Die Absurdität dieses zwanghaften Verhaltens – z.B. mit einer aberwitzig teuren Komponente das
heißgeliebte Zweirad um wenige Gramm leichter zu machen – treibt Tobias auf seinem YouTube-Kanal „Rides of Japan“ mit herrlicher Selbstironie auf die Spitze.
Dort publiziert er hervorragend
erzählte und produzierte, hochgradig unterhaltsame Videos, feiert so die Freuden und Fetische des Rennrad-
fahrens – und betreibt „Du-bist-nicht-alleine“-Therapie für alle Leidens-
genossen wie mich.

13
Watership Down
von Richard Adams

Wenn mir die Arbeit zu viel wird
(lassen Sie sich mal acht Stunden lang streicheln!), ziehe ich mich zurück mit meinem Lieblingsschmöker „Unten am Fluss“ von Richard Adams. Ich rieche die Wildkaninchen förmlich, tolle durch das satte Grün der Wiesen und Wälder und begegne mit Fiver und den anderen Kaninchen allerlei Gefahren auf ihrer Flucht und der Suche nach einer neuen Heimat. Dieser Roman von 1972 verliert niemals an Aktualität. Lies ihn, Mensch!
14
Mit Motorrad
und Videokamera
um die Welt
von Itchy Boots
„Itchy Boots“ ist das Pseudonym einer jungen Frau, die sich innerhalb kürzester Zeit von einer x-beliebigen Motorad-Reisenden zur Ikone
der weltweiten Bike-Community
hochgefahren hat.
Das Skript in kurz: Liebe Dein Motorrad, kündige Deinen Job, besorge
Dir eine Kamera und wo immer Du bist: Bleibe Du selbst!
Die Story beginnt Ende 2018 mit
einem gebrauchten Motorrad einer
indischen Nischenmarke und ein paar wackligen GoPro-Videos.
Derzeit endet die sechste Staffel ihrer Weltreisen mit der beeindruckenden (Zwischen)Bilanz von über 130.000 Motorradkilometern, unzähligen Social-Media-Posts, über 500 YT-Videos,
1,5 Millionen YT-Abonnenten und einem kleinen Bike-Imperium mit stetig wachsender Fan-Gemeinde.
Und das mit Storytelling, wie es eben nicht im Lehrbuch für Motorrad-Blogger steht: kaum PS-Gebrumm, Helden-Gebrüll und Technik-Talk.
Dafür viel Begeisterung für
Land & Leute und vor allem
100% Authentizität.
Dass diese Stories außergewöhnlich sind, zeigt auch meine Frau: Die hat mit Motorrädern und Motorrad-Videos wirklich gar nichts am Hut, verpasst aber keine Folge von Itchy Boots!
Web: Itchyboots.com
YouTube: itchyboots
Instagram: @itchbootstravel
15
Thriller
von Michael Jackson
1983 bin ich Anfang 20 und wie Millionen andere geflasht: Michael
Jacksons Video „Thriller“ läuft das erste Mal auf MTV und schreibt Geschichte.
Die von Regisseur John Landis geschaffene Verbindung von Story, Musik und Tanz in einem fast vierzehnminütigen Clip ist etwas ganz Neues und schafft damals wie heute Gänsehautmomente.

16
Stress
von Justice / Romain Gavras
Das Musikvideo „Stress“ des Regisseurs Romain Gavras für das Electonic-Duo „Justice“ ist ein rohes, verstörendes
und umstrittenes Werk, bei dem
die Grenze zwischen Authentizität und Inszenierung unklar ist.
Man ist ungläubig und abgestoßen,
kann jedoch kaum aussteigen, ob der Frage wie weit dieses Spiel getrieben wird. Radikal und virtuos in der
Umsetzung musste sich der Regisseur natürlich dem Vorwurf der Gewaltverherrlichung stellen.
17
CSS for
JavaScript
Developers
von Joshs W. Comeau
Was hat eine Anleitung zum CSS-Coding mit Storytelling zu tun?
Normalerweise nichts. Hier ist das anders: Joshs begleitet uns in einer Video-Bubble durch den gesamten Kurs und findet oft Beispiele aus dem echten Leben. Zum Beispiel: interaktiv verschiebbare Passanten, deren Bedürfnis nach Personal Space die trockene CSS-Eigenschaft „Collapsing Margins of block-level Elements“ anschaulich demonstriert.

Joshs persönliche Ansprache und die Mühe im Detail erleichtern das Lernen sehr, und am Ende ist man schlauer und fühlt sich dabei sogar gut unterhalten.
18
A Travers
von Tom Haugomat
Mit einer grafisch reduzierten Darstellungsform erzählt der Illustrator Tom Haugomat in seiner Geschichte „A Travers“ das Leben eines kanadischen Jungen, der zum Wissenschaftler und Astronauten wird. Mit den Illustrationen — ohne Worte, und nur gelegentlich mit Orts- und Zeitangaben (Jahr) versehen — wird der Betrachter auf eine Reise durch ein Leben mitgenommen, das als ebenso außergewöhnlich wie auch normal zu betrachten ist.
In der reduziert wie auch
gleichzeitig opulent bebilderten, fein ausdifferenzierten Lebensgeschichte geht es um Familie, Verlust, Erfolg, und Scheitern. Und damit im Prinzip um den Sinn des Lebens.
19
Leben,
schreiben,
atmen:
Eine Einladung
zum Schreiben
von Doris Dörrie

Der Zettel war weg!
Fahrig kramte er
in seinen Taschen,
Panik stieg in ihm auf:
Sie würde verloren gehen!
Da lächelte seine
demente Mutter und sagte:
„12.27 Uhr, Gleis 8, RB 18
nach Tübingen.“

Vielleicht würden die anderen
in der Klasse sie ja
endlich mögen, wenn
sie bei der Aufführung so
richtig ablieferte?

4 Stunden, 8 Minuten hatte
er geschuftet. 248 Minuten
Teller rein, Teller raus.
Aber irgendwann würden
sie merken, dass er
die beste Tomatensoße
der Welt kochen konnte.
„Jedes Schreiben ist in einem gewissen Maß kreativ, selbst das Schreiben von Einkaufslisten“, sagt Doris Dörrie und lädt dazu ein, Geschichten aus banalen Fundstücken oder Gegenständen in sich aufsteigen zu lassen. Versuchen Sie es doch selbst einmal!
20
Shine On You
Crazy Diamond
von Pink Floyd
Eine Story vom
verrückten Diamanten
Wir schreiben das Jahr 1978. Mein Kumpel bringt eine von seinem großen Bruder ausgeliehene Musikcassette mit. Minuten später tauchen wir völlig
elektrisiert ein in die einzigartigen Klangwelten von Pink Floyds „Shine On You Crazy Diamond“.
Das war eines meiner musikalischen Erweckungserlebnisse und irgendwie auch ein Einstiegtor in die Welt der Poesie. Mit dem Songtext habe ich
mich über die Jahre immer wieder
beschäftigt und immer neue
Interpretationen gefunden.
Doch was hatten Gilmour und Waters wirklich gemeint? Wer oder was ist dieser verrückte Diamant? Auf die Antwort musste ich 36 Jahre warten.
Die erhielt ich vor acht Jahren durch Zufall beim Zappen durchs TV-Programm in der großartigen Arte Doku: PINK FLOYD The story of Wish You Were Here.
21
Scream
von Wes Craven



„Scream“ ist kein gewöhnlicher Horrorfilm. Die dort verwendeten Horrorfilm-Klischees sind eine Hommage an das Genre. Gleichzeitig werden diese
kritisiert und instrumentalisiert, und zwar bereits in der Anfangsszene.
Der Film ist ein modernes Horrormärchen, das der Gesellschaft den Spiegel vorhält: von verklemmter Sexualmoral bis hin zur Tatsache, dass Frauen sich immer noch nicht sicher fühlen können. „Scream“ funktioniert aber auch als reiner Horrorfilm und gibt gute Sicherheitstipps für den Alltag. Daher ist er einer meiner Lieblingsfilme – den ich nicht nur zu Halloween anschaue!
22
Der Totentanz
von Richard Montanari

Ein Tee-Tanz, oder „thé dansant“ wie Mr. Marseille es nennen würde, bietet die ideale Möglichkeit ahnungslose Gäste zu Opfern einer grausamen Tat zu machen. Kunstvoll als Puppe drapiert wird die Leiche am Tatort von Kevin Byrne und Jessica Balzano, den beiden zuständigen Ermittlern aufgefunden. Es beginnt eine Jagd auf den Mörder, doch der ist immer einen Schritt voraus.
Eine Kunst des Storytellings ist es einen Gedanken zu äußern, aber dabei genügend Fragen offen zu lassen, um die Spannung zu halten. In „Tanz der Toten“ schafft Richard Montanari das auf eine besonders gute Weise. Abwechselnd wird von Mörder und Ermittlern erzählt. man erfährt immer was gerade passiert, dadurch fügt sich langsam ein Bild zusammen, das aber erst mit dem letzten Kapitel zu Ende gebracht wird.
23
Nurejews Hund
von Elke Heidenreich
und Michael Sowa

Manchmal steckt im Kleinen etwas ganz Großes. Wie etwa in der berührenden Liebesgeschichte von Elke Heidenreich „Nurejews Hund“. Vielleicht mag mein Frauchen diese kurze Huldigung an Liebe, Hingabe und das Über-sich-hinauswachsen deshalb so gerne,
weil sie diese großen Gefühle
in meinen Augen gespiegelt sieht.
24
Mit fünf bekam ich ein aufregendes Buch vorgelesen. Es geschah ein Unrecht und eine Kleine wehrte sich gegen die Großen. Am Ende siegte die Gute über die Bösen: weil sie das Richtige tat und weil sie fleißig war und sich mutig gegen alle anderen stellte.
Anfang 20, in einem Seminar über Verfassungsgeschichte erinnerte ich mich an ein Buch: Es ging darin um eine egalitäre Gesellschaft und Tradition als Instrument zur Machtkontrolle. Am Ende zerstörte eine Einzelne eine Tausende Jahre alte Kultur, weil sie sich über die ungeschriebene Verfassung stellte.
Mit Mitte vierzig las ich meinem Vierjährigen ein Buch vor. Ich las dabei von einem Generationenkonflikt, empfundener Ungerechtigkeit und einer Eskalationsspirale, die außer Kontrolle gerät, vom ewigen Konflikt zwischen moralischem und positivistischem Recht, von Rache, totalem Krieg und totaler Vernichtung.
(Er hörte sicherlich etwas anderes.)
Die kleine Hexe
von Otfried Preussler
Eines der schönsten Kinderbücher, das ich kenne.
Fröhliche Weihnachten!
Wünschen Die Magaziniker