Mein Lieb­lings­ma­gazin

Wir lieben Maga­zine. Deswegen beschäf­tigen wir uns nicht nur beruf­lich damit, sondern lesen auch in der Frei­zeit in unserem Lieb­lings­ma­gazin. Welcher Magaziniker seine Nase gerne in welches Kiosk­ma­gazin steckt bezie­hungs­weise gegen welches Online­ma­gazin drückt und warum, verraten wir in dieser wach­senden Samm­lung.

Sue Strick­rodt – Missy Maga­zine

Femi­nismus, Popkultur oder auch die femi­nis­ti­sche Ausein­an­der­set­zung mit Popkultur: Damit beschäf­tige ich mich gern. So gern, dass ich sogar meine Bache­lor­ar­beit dem Dating­show-Universum gewidmet habe. (Spoiler alert: Hier sind neben unan­ge­nehmen Flirt­ver­su­chen auch alle gängigen Geschlechter-Stereo­typen zu finden.) Der viel­schich­tige Themen­cock­tail des Missy Maga­zine trifft genau meine Geschmacks­nerven.

Mir gefällt beson­ders, dass Missy poli­ti­sche Bildung mit fruchtig-süßer Unter­hal­tung mischt, ohne den Themen ihre Bedeu­tung abzu­spre­chen. Dadurch wird mit Leich­tig­keit aufge­klärt und hinter­fragt, anstatt besser­wis­se­risch den Zeige­finger zu heben. Beispiels­weise wird in der Rubrik „Glossar hä?“, die histo­ri­sche Herkunft von Begriffen wie Inter­sek­tio­na­lität erklärt, ohne mit laschen Daten zu lang­wei­ligen. Das Design bildet mit bunten Illus­tra­tionen und alter­nativ ange­hauchten Grafiken die „Cherry on top“.

Wer bei Fragen wie: „Kann Trash-TV femi­nis­tisch sein?“ oder „Wie sieht queere Maga­zin­ge­stal­tung aus?“ auch durstig nach Antworten wird, ist beim Missy Maga­zine genau richtig.

Paul Mehnert – DOCMA

Du willst mit deinen Memes auf 9gag mal so richtig steil gehen? – Dann hol deine Montage-Skills aus den 90ern ab und lies die DOCMA! Denn in Sachen Bild­be­ar­bei­tung bietet das seit 2002 erschei­nende Magazin – online und gedruckt – alles, was das moderne Photo­shopper-Herz begehrt: von aktu­ellen Retu­sche-Tech­niken über Farb­ma­ni­pu­la­tionen bis hin zum perfekten Frei­stellen von Personen und Gegen­ständen. So wird im Hand­um­drehen aus einem Stein und einem Koffer­griff eine „Louis Beton“-Tasche. Herr­lich! Endlich kannst du deinen schlechten Wort­witzen ein Bild geben. Fühlt sich gut an, oder?

Aber auch für Menschen wie mich, die sich in ihrer Frei­zeit mit Kamera und Stativ in abge­le­genen Land­schaften herum­treiben, ist die DOCMA ein Muss. Die unzäh­ligen Tuto­rials haben einen Löwen­an­teil daran, wie ich heute foto­gra­fiere und meine Bilder bear­beite. Zudem nimmt das Magazin immer wieder inter­es­sante Künstler*innen in den Blick­punkt, stellt ihre Werke vor und zeigt, wie sie kreativ arbeiten. Eine perfekte Inspi­ra­ti­ons­quelle!

Aller­dings ist die DOCMA nicht nur was für Adobe-Nerds und krea­tive Pixel­schubser. Sie beschäf­tigt sich ebenso mit Bild­rechten und digi­talen Trends wie künst­li­cher Intel­li­genz und NFTs. Außerdem entlarvt sie Deepf­akes und Fakenews mit den Waffen eines Photo­shop­pers. Beispiel gefällig? Hier zeigt Autor Olaf Gier­mann, dass eine US-Schau­spie­lerin vor Gericht wohl etwas flun­kert.

Fazit: Für mich ist die DOCMA auf vielen Ebenen eine Berei­che­rung. Sie ist Lehr­buch, Inspi­ra­tion und Unter­hal­tung zugleich. Edutain­ment ist hier das Zauber­wort. Dabei besticht das Magazin durch seine Themen­viel­falt, die bild­ge­wal­tigen Layouts und Texte, die bisweilen über den Teller­rand des Photo­shop-Kosmos hinaus­gehen. Daher kann ich die DOCMA – auch für Nicht-Photo­shopper – wärms­tens empfehlen.

Maria Seiden­kranz – Über­me­dien

Da ich privat gerne Superheld*innen-Filme schaue, blieb ich direkt an dem Online-Magazin mit dem kuriosen Namen „Übermedien.de“ hängen. Was steckt dahinter? Medien > Super­me­dien > Über­me­dien, also die besten Medien über­haupt? Nein, die Autor*innen dieses Maga­zins schreiben schlicht und ergrei­fend über Medien. Tadaa!

Dabei werfen sie einen Blick auf die Arbeit ihrer deut­schen Jour­na­lismus-Kolleg­schaft oder bewerten die kriti­sche, mediale Ausein­an­der­set­zung mit einem Thema X selbst kritisch. Absolut meta, das gefällt mir als Mensch mit Thea­ter­hin­ter­grund. („Meta“ kommt hier von der „Meta­ebene“, nicht von Zucker­bergs neuester Kopf­ge­burt).

Da ich mich oft genug über schlecht recher­chierte Artikel/Serien/Podcasts ärgere, tut es gut, dass hier schlam­pige jour­na­lis­ti­sche Arbeit ihr Fett abbe­kommt. Beispiel gefällig? Auf übermedien.de lese ich, was wirk­lich hinter der Entde­ckung eines neuen Parti­kels am Südpol steckt (Spoiler Alert: Ein Paral­lel­uni­versum, wie in den kriti­sierten Arti­keln plakativ vermutet, ist es nicht). Darüber hinaus sind die Artikel sach­lich und gleich­zeitig augen­zwin­kernd geschrieben, die Webseite für meine Bild­schirm-eckigen Augen zudem ange­nehm schlicht gehalten.

Wer kein Übonennt ist und sich anfixen lassen will, findet hier auch einige frei lesbare Beiträge: https://uebermedien.de/

Steffen Beck – Rouleur

Dieses Sport­ma­gazin mit Style verei­nigt groß­artig geschrie­bene, hinter­grün­dige Geschichten mit opulenter Foto­grafie aus oft über­ra­schender Perspek­tive. Die Themen drehen die Pflas­ter­steine um, an denen die übli­chen Verdäch­tigen der (Rad)Sport-Berichterstattung achtlos vorbei­laufen oder sich nicht hintrauen – erfri­schend wie ein kühler Wind auf heißem Asphalt!

Das Ganze kommt zudem in einem intel­li­genten Mix aus Print und digi­talen Ange­boten daher: von der App über den Podcast bis zum Video­kanal. So vergeht selbst die lang­at­migste Ausdau­er­fahrt auf dem Indoor-Trainer wie ein kurzer, knackiger Sprint.

Starten Sie hier in die Renn­rad­welt: https://www.rouleur.cc.

Florian Burk­hardt: Merkur – Deut­sche Zeit­schrift für euro­päi­sches Denken

Dass dies kein klas­si­sches Magazin ist, sieht man schon am Umschlag: kein Bild, keine Head­line, nur eine Art Inhalts­ver­zeichnis mit Autoren und kryp­ti­schen Titeln. Was hat man hier in der Hand? Ich sage es Ihnen: Texte.

Und genau darum liebe ich den Merkur. Das Heft vertraut seinen Texten ohne Wenn und Aber. Und ich muss sagen: Die meisten davon sind schlicht bril­lant! Themen­felder: Kultur, Philo­so­phie, Lite­ratur, Wirt­schaft, Geschichte – und was den Autoren halt sonst noch so einfällt. Stil: anspruchs­voll, poin­ten­reich und – ich möchte sagen – elegant. Die Texte sind alle­samt als Essays verfasst – der Königs­dis­zi­plin des Schrei­bens!

Sie greifen ein Thema von einer über­ra­schenden Seite auf, speku­lieren, verknüpfen Infor­ma­tionen, asso­zi­ieren, gestalten lite­ra­risch, sagen „ich“. Und trotzdem kommt am Ende etwas Rundes bei raus. Jede einzelne Ausgabe bringt mich mindes­tens einmal zum Staunen. Schon die Fragen allein verblüffen. Beispiele: Gibt es eine Medi­en­ge­schichte des Kochens? Was ist eine Form? Sagen Tattoo-Moden etwas über unsere Gesell­schaft aus? Woran erkennt man eigent­lich Kunst? Was ist ein Wohn­zimmer und warum ist diese Frage wichtig?

Wie man ein Thema bis zur Kennt­lich­keit entstellt, lesen Sie hier: www.merkur-zeitschrift.de.

Julian Stutz: Mother Jones

Das US-ameri­ka­ni­sche Online-Magazin „Mother Jones“ bietet toll recher­chierte Geschichten, die den euro­pa­zen­trierten Blick­winkel auf bestimmte Themen oft über­ra­schend erwei­tern. Optisch und logisch ist es sehr klar struk­tu­riert. Es enthält zwar Werbung, die ist aber recht dezent einge­bunden. Fürs Auge beson­ders schön sind die clean umge­setzten Foto-Essays.

Zum poli­ti­schen Online-Magazin geht es hier: motherjones.com

Eveline Blohmer: trans­form

Schock­ver­liebt habe ich mich in „trans­form“, das sowohl digital als auch gedruckt einfach toll ist. Mir gefällt daran, wie sie an das jewei­lige Heft­thema rangehen. Es sind immer kontro­verse Themen, wie zum Beispiel Glaube oder Kinder­kriegen, an die die Redak­tion inhalt­lich span­nende Tangenten anlegt und die optisch spitze aufbe­reitet sind. Die Macher haben sich zum Ziel gesetzt, nicht zu missio­nieren, sondern zu inspi­rieren. Das schaffen sie auch, finde ich, indem sie zeigen, dass man mit Crowd­fun­ding viel errei­chen kann. Für die erste Ausgabe sammelten sie über startnext.de, derzeit können Lese­rinnen und Leser die sechste Ausgabe vorbe­stellen.

Mehr zum Magazin fürs Gute Leben: transform-magazin.de

Rebekka Schramke: brand eins

Ich habe seit zwei Jahren ein Abo der brand eins. Ich mag das Magazin, weil es einfach die besten Cover hat. Kein Schnick­schnack, immer simpel, aber absolut punk­tiert. Oft auch mit einem gewissen Witz.

Es ist außerdem eines der wenigen Maga­zine, die ich nicht an einem Nach­mittag durch­ge­lesen habe. Geschichten bekommen immer den Raum, den sie brau­chen und werden nicht nur ober­fläch­lich abge­früh­stückt. Am Layout mag ich die Schlicht­heit. Denn Halli­galli habe ich den ganzen Tag. Die brand eins erlaubt es, dass das Auge auch mal ruhen darf.

Hier erfahren Sie mehr zu der Wirt­schafts­zeit­schrift: brandeins.de


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