Mein Lieb­lings­ma­gazin

Wir lieben Maga­zine. Deswegen beschäf­tigen wir uns nicht nur beruf­lich damit, sondern lesen auch in der Frei­zeit in unserem Lieb­lings­ma­gazin. Welcher Magaziniker seine Nase gerne in welches Kiosk­ma­gazin steckt bezie­hungs­weise gegen welches Online­ma­gazin drückt und warum, verraten wir in dieser wach­senden Samm­lung.

Annina Werths – Der fluter.

Das Magazin Fluter landet in einem Jahr viermal direkt in meinen Brief­kasten. Jedes Mal öffne ich voller Span­nung und Vorfreude den Umschlag, um zu sehen, mit welchem Thema die Redak­tion die aktu­elle Ausgabe von vorne bis hinten durch­ge­dacht und umge­setzt hat. Jedes Mal bin ich aufs Neue beein­druckt davon, denn der Fluter ist mono­the­ma­tisch und die Themen sind groß. Aber offenbar nicht zu groß für das Fluter-Team.

Es geht um Müll, Mode, die Ukraine, den Femi­nismus oder das Thema Wohnen. Anhand eines Themas recher­chiert knapp 20 Artikel auf 52 Seiten. Alles ist dabei: Ein span­nend gestal­tetes Cover, Illus­tra­tionen, Bild­ge­wal­tige Geschichten, Info­gra­fiken, Repor­tagen aus aller Welt, Inter­views und immer wieder über­ra­schende Formate. Die Sprache ist leicht zu verstehen, denn die Ziel­gruppe ist jung. Natür­lich gibt’s den Fluter auch digital. Weil ich für gesell­schaft­liche und zwischen­mensch­liche Themen ein außer­or­dent­li­ches Faible habe, lege ich den Fluter dann meist erst mal nicht mehr weg.

Der Fluter ist für alle da. Jede*r kann ein Abon­ne­ment abschließen und muss nix bezahlen. Die Bundes­zen­trale für poli­ti­sche Bildung bringt 52-Seiten Heft heraus, dahinter steckt auch der DUMMY Verlag. Der Fluter will nicht sein, was er nicht ist. Er ist ehrlich. Er ist einfach. Er ist auf den Punkt. Er ist gut gemacht und sieht gut aus. Wie eine einfache aber echt gute Pasta mit Toma­ten­soße.

Sue Strick­rodt – Missy Maga­zine

Femi­nismus, Popkultur oder auch die femi­nis­ti­sche Ausein­an­der­set­zung mit Popkultur: Damit beschäf­tige ich mich gern. So gern, dass ich sogar meine Bache­lor­ar­beit dem Dating­show-Universum gewidmet habe. (Spoiler alert: Hier sind neben unan­ge­nehmen Flirt­ver­su­chen auch alle gängigen Geschlechter-Stereo­typen zu finden.) Der viel­schich­tige Themen­cock­tail des Missy Maga­zine trifft genau meine Geschmacks­nerven.

Mir gefällt beson­ders, dass Missy poli­ti­sche Bildung mit fruchtig-süßer Unter­hal­tung mischt, ohne den Themen ihre Bedeu­tung abzu­spre­chen. Dadurch wird mit Leich­tig­keit aufge­klärt und hinter­fragt, anstatt besser­wis­se­risch den Zeige­finger zu heben. Beispiels­weise wird in der Rubrik „Glossar hä?“, die histo­ri­sche Herkunft von Begriffen wie Inter­sek­tio­na­lität erklärt, ohne mit laschen Daten zu lang­wei­ligen. Das Design bildet mit bunten Illus­tra­tionen und alter­nativ ange­hauchten Grafiken die „Cherry on top“.

Wer bei Fragen wie: „Kann Trash-TV femi­nis­tisch sein?“ oder „Wie sieht queere Maga­zin­ge­stal­tung aus?“ auch durstig nach Antworten wird, ist beim Missy Maga­zine genau richtig.

Paul Mehnert – DOCMA

Du willst mit deinen Memes auf 9gag mal so richtig steil gehen? – Dann hol deine Montage-Skills aus den 90ern ab und lies die DOCMA! Denn in Sachen Bild­be­ar­bei­tung bietet das seit 2002 erschei­nende Magazin – online und gedruckt – alles, was das moderne Photo­shopper-Herz begehrt: von aktu­ellen Retu­sche-Tech­niken über Farb­ma­ni­pu­la­tionen bis hin zum perfekten Frei­stellen von Personen und Gegen­ständen. So wird im Hand­um­drehen aus einem Stein und einem Koffer­griff eine „Louis Beton“-Tasche. Herr­lich! Endlich kannst du deinen schlechten Wort­witzen ein Bild geben. Fühlt sich gut an, oder?

Aber auch für Menschen wie mich, die sich in ihrer Frei­zeit mit Kamera und Stativ in abge­le­genen Land­schaften herum­treiben, ist die DOCMA ein Muss. Die unzäh­ligen Tuto­rials haben einen Löwen­an­teil daran, wie ich heute foto­gra­fiere und meine Bilder bear­beite. Zudem nimmt das Magazin immer wieder inter­es­sante Künstler*innen in den Blick­punkt, stellt ihre Werke vor und zeigt, wie sie kreativ arbeiten. Eine perfekte Inspi­ra­ti­ons­quelle!

Aller­dings ist die DOCMA nicht nur was für Adobe-Nerds und krea­tive Pixel­schubser. Sie beschäf­tigt sich ebenso mit Bild­rechten und digi­talen Trends wie künst­li­cher Intel­li­genz und NFTs. Außerdem entlarvt sie Deepf­akes und Fakenews mit den Waffen eines Photo­shop­pers. Beispiel gefällig? Hier zeigt Autor Olaf Gier­mann, dass eine US-Schau­spie­lerin vor Gericht wohl etwas flun­kert.

Fazit: Für mich ist die DOCMA auf vielen Ebenen eine Berei­che­rung. Sie ist Lehr­buch, Inspi­ra­tion und Unter­hal­tung zugleich. Edutain­ment ist hier das Zauber­wort. Dabei besticht das Magazin durch seine Themen­viel­falt, die bild­ge­wal­tigen Layouts und Texte, die bisweilen über den Teller­rand des Photo­shop-Kosmos hinaus­gehen. Daher kann ich die DOCMA – auch für Nicht-Photo­shopper – wärms­tens empfehlen.

Maria Seiden­kranz – Über­me­dien

Da ich privat gerne Superheld*innen-Filme schaue, blieb ich direkt an dem Online-Magazin mit dem kuriosen Namen „Übermedien.de“ hängen. Was steckt dahinter? Medien > Super­me­dien > Über­me­dien, also die besten Medien über­haupt? Nein, die Autor*innen dieses Maga­zins schreiben schlicht und ergrei­fend über Medien. Tadaa!

Dabei werfen sie einen Blick auf die Arbeit ihrer deut­schen Jour­na­lismus-Kolleg­schaft oder bewerten die kriti­sche, mediale Ausein­an­der­set­zung mit einem Thema X selbst kritisch. Absolut meta, das gefällt mir als Mensch mit Thea­ter­hin­ter­grund. („Meta“ kommt hier von der „Meta­ebene“, nicht von Zucker­bergs neuester Kopf­ge­burt).

Da ich mich oft genug über schlecht recher­chierte Artikel/Serien/Podcasts ärgere, tut es gut, dass hier schlam­pige jour­na­lis­ti­sche Arbeit ihr Fett abbe­kommt. Beispiel gefällig? Auf übermedien.de lese ich, was wirk­lich hinter der Entde­ckung eines neuen Parti­kels am Südpol steckt (Spoiler Alert: Ein Paral­lel­uni­versum, wie in den kriti­sierten Arti­keln plakativ vermutet, ist es nicht). Darüber hinaus sind die Artikel sach­lich und gleich­zeitig augen­zwin­kernd geschrieben, die Webseite für meine Bild­schirm-eckigen Augen zudem ange­nehm schlicht gehalten.

Wer kein Übonennt ist und sich anfixen lassen will, findet hier auch einige frei lesbare Beiträge: https://uebermedien.de/

Steffen Beck – Rouleur

Dieses Sport­ma­gazin mit Style verei­nigt groß­artig geschrie­bene, hinter­grün­dige Geschichten mit opulenter Foto­grafie aus oft über­ra­schender Perspek­tive. Die Themen drehen die Pflas­ter­steine um, an denen die übli­chen Verdäch­tigen der (Rad)Sport-Berichterstattung achtlos vorbei­laufen oder sich nicht hintrauen – erfri­schend wie ein kühler Wind auf heißem Asphalt!

Das Ganze kommt zudem in einem intel­li­genten Mix aus Print und digi­talen Ange­boten daher: von der App über den Podcast bis zum Video­kanal. So vergeht selbst die lang­at­migste Ausdau­er­fahrt auf dem Indoor-Trainer wie ein kurzer, knackiger Sprint.

Starten Sie hier in die Renn­rad­welt: https://www.rouleur.cc.

Florian Burk­hardt: Merkur – Deut­sche Zeit­schrift für euro­päi­sches Denken

Dass dies kein klas­si­sches Magazin ist, sieht man schon am Umschlag: kein Bild, keine Head­line, nur eine Art Inhalts­ver­zeichnis mit Autoren und kryp­ti­schen Titeln. Was hat man hier in der Hand? Ich sage es Ihnen: Texte.

Und genau darum liebe ich den Merkur. Das Heft vertraut seinen Texten ohne Wenn und Aber. Und ich muss sagen: Die meisten davon sind schlicht bril­lant! Themen­felder: Kultur, Philo­so­phie, Lite­ratur, Wirt­schaft, Geschichte – und was den Autoren halt sonst noch so einfällt. Stil: anspruchs­voll, poin­ten­reich und – ich möchte sagen – elegant. Die Texte sind alle­samt als Essays verfasst – der Königs­dis­zi­plin des Schrei­bens!

Sie greifen ein Thema von einer über­ra­schenden Seite auf, speku­lieren, verknüpfen Infor­ma­tionen, asso­zi­ieren, gestalten lite­ra­risch, sagen „ich“. Und trotzdem kommt am Ende etwas Rundes bei raus. Jede einzelne Ausgabe bringt mich mindes­tens einmal zum Staunen. Schon die Fragen allein verblüffen. Beispiele: Gibt es eine Medi­en­ge­schichte des Kochens? Was ist eine Form? Sagen Tattoo-Moden etwas über unsere Gesell­schaft aus? Woran erkennt man eigent­lich Kunst? Was ist ein Wohn­zimmer und warum ist diese Frage wichtig?

Wie man ein Thema bis zur Kennt­lich­keit entstellt, lesen Sie hier: www.merkur-zeitschrift.de.

Julian Stutz: Mother Jones

Das US-ameri­ka­ni­sche Online-Magazin „Mother Jones“ bietet toll recher­chierte Geschichten, die den euro­pa­zen­trierten Blick­winkel auf bestimmte Themen oft über­ra­schend erwei­tern. Optisch und logisch ist es sehr klar struk­tu­riert. Es enthält zwar Werbung, die ist aber recht dezent einge­bunden. Fürs Auge beson­ders schön sind die clean umge­setzten Foto-Essays.

Zum poli­ti­schen Online-Magazin geht es hier: motherjones.com

Eveline Blohmer: trans­form

Schock­ver­liebt habe ich mich in „trans­form“, das sowohl digital als auch gedruckt einfach toll ist. Mir gefällt daran, wie sie an das jewei­lige Heft­thema rangehen. Es sind immer kontro­verse Themen, wie zum Beispiel Glaube oder Kinder­kriegen, an die die Redak­tion inhalt­lich span­nende Tangenten anlegt und die optisch spitze aufbe­reitet sind. Die Macher haben sich zum Ziel gesetzt, nicht zu missio­nieren, sondern zu inspi­rieren. Das schaffen sie auch, finde ich, indem sie zeigen, dass man mit Crowd­fun­ding viel errei­chen kann. Für die erste Ausgabe sammelten sie über startnext.de, derzeit können Lese­rinnen und Leser die sechste Ausgabe vorbe­stellen.

Mehr zum Magazin fürs Gute Leben: transform-magazin.de

Rebekka Schramke: brand eins

Ich habe seit zwei Jahren ein Abo der brand eins. Ich mag das Magazin, weil es einfach die besten Cover hat. Kein Schnick­schnack, immer simpel, aber absolut punk­tiert. Oft auch mit einem gewissen Witz.

Es ist außerdem eines der wenigen Maga­zine, die ich nicht an einem Nach­mittag durch­ge­lesen habe. Geschichten bekommen immer den Raum, den sie brau­chen und werden nicht nur ober­fläch­lich abge­früh­stückt. Am Layout mag ich die Schlicht­heit. Denn Halli­galli habe ich den ganzen Tag. Die brand eins erlaubt es, dass das Auge auch mal ruhen darf.

Hier erfahren Sie mehr zu der Wirt­schafts­zeit­schrift: brandeins.de


Artikel bewerten:

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne
Loading...