Bei ebm-papst war das gedruckte Kundenmagazin die Keimzelle für ein umfassendes Content-System, das heute mit vielen Kanälen und Formaten den Vertrieb unterstützt. Warum dabei Leads nicht alles sind, und Print trotz Digitalisierung weiter wichtig ist, erklärt Kai Halter, Direktor Global Marketing.
2007 haben wir gemeinsam das Kundenmagazin „mag“ als „neues Mitglied im Vertriebsteam“ auf den Weg gebracht. Was waren damals Ihre primären Erwartungen?
Ach, ist das schon lange her! Es ging uns damals darum, ein Medium aus der Taufe zu heben, das die Kunden mit unseren Themen unterhält und so uns und unsere Denke näher bringt. Deswegen wollten wir interessante Geschichten um die Produkte herum präsentieren – nicht die Produkte selbst. Und die Art und Weise, wie wir Geschichten erzählen, ist sicherlich bis heute für den Erfolg des Magazins verantwortlich: Lebendige und spannende Geschichten um ein auf den ersten Blick vielleicht nicht ganz so spannendes Produkt.
Apropos Erfolg: Hatten Sie auch konkrete Zielsetzungen à la „zwei Leads pro Ausgabe“?
Nein. Das „mag“ muss keine Produkte verkaufen. Sein Auftrag ist, ein Feeling vom Unternehmen zu vermitteln. Das Magazin gewährt einen ziemlich umfassenden Einblick. Und das ist für B2B-Unternehmen bis heute nicht selbstverständlich. Deswegen bin ich davon überzeugt, dass wir hier für ebm-papst mit unserer Kundenansprache und dem guten Beispiel Kundenmagazin „mag“ einen gewissen Wettbewerbsvorsprung erreicht haben. Wir werden anders wahrgenommen, sind emotional präsenter als andere B2B-Unternehmen.
Das „mag“ wurde mehrfach ausgezeichnet und genießt bei Kommunikatoren hohe Wertschätzung. Was würden Sie Unternehmen mit auf den Weg geben, die ein vergleichbares Kundenmagazin machen wollen?
Eine grundsätzliche und sehr bewusste Entscheidung war, das Profis machen zu lassen. Der Premiumanspruch, den wir an unsere Produkte haben, muss sich auch in diesem Kommunikationswerkzeug widerspiegeln. Und ich denke, das gelingt uns bis heute – auch mithilfe der Magaziniker. Ich bin überzeugt: Anders macht das auch keinen Sinn. Dass die Zusammenarbeit aller Beteiligten nun schon kontinuierlich seit 2007 läuft, hilft natürlich auch.
„Der Premiumanspruch, den wir an unsere Produkte haben, muss sich auch im Kommunikationswerkzeug widerspiegeln.“
Und wie sieht das mit internen Kapazitäten aus?
Ein ganz wichtiger Punkt dafür, dass wir zuverlässig ausreichend Themen generieren: Wir leisten uns eine Fachpresse-Einheit im Marketing. Mit Katrin Lindner haben wir für das „mag“ einen internen Profi. Sie koordiniert die dafür notwendigen Prozesse, Netzwerke und Themen. Das Zusammenspiel aus diesem internen Know-how und der offenen und vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem externen Partner ist essenziell für das Gelingen.
Seit 2007 hat sich eine Menge verändert: Wir haben die Printausgabe mehrfach erneuert und bereits ab 2010 hat sie eine digitale Schwester erhalten …
… und die frühe Verlängerung ins Web war eine sehr gute Entscheidung! Aus dem mag Online ist über die Jahre ein Content-Hub mit ordentlich Power geworden. Inzwischen laufen 80 Prozent der Kommunikation digital. Und trotzdem lebt das Printmagazin noch immer, weil es nur so bei den Kunden physisch präsent ist.
Inzwischen ist aus dem Kundenmagazin ein großes Content-System geworden, das nicht mehr nur einen Kanal betrachtet, sondern Themen übergreifend für unterschiedlichste Kanäle generiert. Wie hat das Ihren Ansatz verändert?
Ja, die Kanaldenke haben wir beiseitegeschoben – unabhängig vom Kundenmagazin. Das geht auch gar nicht mehr anders. Die Inhalte, die bei der Recherche für die Magazingeschichten entstehen, sind aber tatsächlich ganz oft die Basis für ganze Kampagnen: Social Media, Microsite, Fachartikel, Case Study etc. Die Rolle des Bereichs Fachpresse hat sich stark gewandelt – vom Schreiben und Koordinieren von fachspezifischen Artikeln hin zu einer Content-Maschine für eine Vielzahl von Marketingmaßnahmen. Alles, was wir machen, ist Content-orientierte Kommunikation. Die Geschichten sind das Entscheidende dahinter. Daher spielt das Kundenmagazin für uns eine so wichtige Rolle: Dort haben wir gelernt, was professionelle, relevante Geschichten ausmacht und wie man sie angeht.
„Wir wollen Aufmerksamkeit dort schaffen, wo wir sie brauchen: Beim Kunden auf dem Tisch, Monitor und Touchscreen.“
Angesichts des Krisenjahrs war im Sommer 2020 die Frage, wie Sie mit dem Kundenmagazin umgehen. Anstatt es wie andere Unternehmen auszusetzen oder einzustellen, haben Sie sich für eine höhere Auflage und zusätzlich eine Sonderausgabe zum Thema Retrofit inklusive Online-Special entschieden. Warum?
Im Mai 2020 haben wir als Unternehmen düster auf das restliche Jahr geblickt. Das wollte ich nicht einfach so hinnehmen, sondern bewusst hohe Ziele setzen und sie mit einem Vertriebs- und Marketingfeuerwerk erreichen. Das sollte sich von der bisherigen Herangehensweise in der Produktkommunikation unterscheiden: Mit einem starken Fokus auf Bestands- statt auf Neuprodukten. Da haben das Retrofit-Spezial und das reguläre „mag“ exakt reingepasst, um Aufmerksamkeit dort zu schaffen, wo wir sie brauchen: Beim Kunden auf dem Tisch, Monitor und Touchscreen.