„Sein Urhe­ber­recht kann man nicht abgeben“


Maga­zine leben von Bildern, Abmahn­an­wälte leider auch. Rechts­an­walt Roger Gabor hat in seiner Kanzlei viel mit dem Thema Bild­rechte zu tun. Ein Gespräch über Stol­per­fallen, Urhe­ber­recht und worauf Unter­nehmen achten müssen.

Roger Gabor, Fachanwalt für Informations­technologierecht und für Versicherungsrecht

Roger Gabor, Fach­an­walt für Informations­technologierecht (Foto: Martin Maier – gegen­licht:Fotografie)

Es gibt Kanz­leien, die sich darauf spezia­li­siert haben, wegen der Verlet­zung von Bild­rechten massen­haft Abmah­nungen zu versenden und damit gut Geld verdienen. Schi­kane oder gutes Recht?

Von beidem etwas. Erst einmal ist es ja gut, dass es so etwas wie das Urhe­ber­recht gibt. Es schützt schließ­lich jeden von uns, und gerade Medi­en­schaf­fende leben von Bildern. Die Rechte daran sollte daher jeder einfor­dern können. Wenn es aber nur darum geht, an der Verlet­zung von Bild­rechten zu verdienen über­wiegt natür­lich die Schi­kane. Solche Prak­tiken sind leider gang und gäbe.

Aber lässt sich eine Abmah­nung nicht ganz einfach verhin­dern, wenn man die Bild­quelle und den Foto­grafen angibt?

Nur wenn man es richtig macht. In Sachen Bild­rechte geschehen viele Fehler. Ich kenne zum Beispiel den Fall, da hat ein Nutzer ein kosten­loses Bild der Wiki­pedia-Bild­da­ten­bank mit Quel­len­an­gabe und unter Nennung des Urhe­bers für einen Online­auf­tritt verwendet. Das klingt jetzt erstmal nach keinem Regel­ver­stoß. Am Ende kam aber eine Abmah­nung ins Haus mit einer fünf­stel­ligen Zahlungs­auf­for­de­rung. Der Grund: Die Veröf­fent­li­chung entsprach nicht exakt den Vorgaben der Nutzungs­be­din­gungen. Und die bestimmt ganz allein der Urheber.

Und das ist …

… beim Foto derje­nige, der auf den Auslöser gedrückt hat. Fotos sind immer urhe­ber­recht­lich geschützt. Es spielt auch keine Rolle, ob sie in irgend­einer Weise künst­le­risch wert­voll sind. Auch ein ganz banales Foto einer Kaffee­tasse ist durch das Urhe­ber­recht geschützt. Und das erlischt erst siebzig Jahre nach dem Tod des Schöp­fers.

Auch wenn ich für ein Foto bezahlt habe?

Auch dann. Das Urhe­ber­recht lässt sich nicht einfach über­tragen wie das Eigentum an einem Haus, nur die Nutzungs­rechte. Nur natür­liche Personen können Urhe­ber­rechte haben, juris­ti­sche Personen wie Unter­nehmen höchs­tens die Nutzungs­rechte. Und die kann der Urheber ganz allein bestimmen. Vorsicht also bei soge­nannten „lizenz­freien“ Bildern“, die sind niemals wirk­lich frei.

Inwie­fern?

Im Zweifel räumt der Urheber keine weiter­ge­henden Rechte, ein als es für den Zweck des Nutzungs­ver­trags erfor­der­lich ist. Egal, ob es sich um ein kosten­loses Bild handelt oder ob dafür bezahlt wurde. Ein lizenz­freies Bild ist also nur so frei, wie es der Urheber möchte. Er bestimmt, welcher Name anzu­geben ist, wo es veröf­fent­licht werden darf und ob er einer Bear­bei­tung zustimmt.

Eine Bear­bei­tung ist also nicht auto­ma­tisch erlaubt?

Nein. Laut Gesetz darf ein bear­bei­tetes oder umge­stal­tetes Werk nur mit Einwil­li­gung des Urhe­bers verwertet werden. Es sei denn, die Gestal­tung hat das Werk so verän­dert, dass ein neues entstanden ist. Aber da sind die Regeln schon recht streng: Wer ein Foto einfach verpi­xelt, hat noch lange kein neues Werk geschaffen.

ZUR PERSON
Nach seinem Abitur arbei­tete Roger Gabor zunächst als Jour­na­list, u. a. beim Axel Springer Springer Verlag. Danach Studium der Rechts­wissenschaften an der Univer­sität Konstanz. Inzwi­schen hat er eine eigene Kanzlei mit dem Fokus auf dem Informations­technologierecht. Er ist zudem Lehr­be­auf­tragter für Medi­en­recht an der Dualen Hoch­schule Baden-Würt­tem­berg und weiterhin jour­na­lis­tisch tätig.

Was muss ich also tun, damit ich bei der Nutzung von Fotos recht­lich auf der sicheren Seite bin?

Erst einmal sehr sorg­fältig arbeiten. Jeder, der fremde Bilder nutzt, hat die Pflicht zu prüfen, wer der Rech­te­inhaber ist. Bei Anbie­tern von Stock­fo­to­gra­fien sollten Sie daher ganz genau die Nutzungs­be­din­gungen durch­lesen. Für welchen Zweck dürfen die Bilder verwendet werden? Nur im gedruckten Magazin oder auch Online? Welche Angaben muss ich bei der Nutzung machen? Oft werden Bilder ja auch nicht nur einmal verwendet. Wer sein Magazin also als PDF ins Netz stellt muss ganz genau hinschauen, ob der Urheber eine Verwer­tung im Internet über­haupt erlaubt.

Aber lassen sich Nutzungs­rechte nicht einfach pauschal über­tragen?

Da wäre ich vorsichtig. Im Zwei­fels­fall haben solche Klau­seln vor Gericht keinen Bestand. Wer einen Foto­grafen beauf­tragt, sollte daher schrift­lich ganz konkret mit ihm verein­baren für welche Zwecke die Fotos verwendet werden.

Wo lauern weitere Stol­per­fallen?

Es kommt nicht nur auf den Urheber an sondern auch darauf, wer oder was auf dem Foto zu sehen ist. Es gilt das Recht am eigenen Bild. Jeder darf selbst entscheiden ob ein Foto, auf dem er zu sehen ist, veröf­fent­licht werden darf und auch wo. Stimmt ein Ange­stellter beispiels­weise der Veröf­fent­li­chung eines Fotos von ihm in der nächsten Mitar­bei­ter­zeit­schrift zu, kann es nicht auto­ma­tisch auch ins Intranet gestellt werden. Im Prinzip gelten da die glei­chen Bedin­gungen wie bei der Über­tra­gung der Nutzungs­rechte: Es ist nur gestattet, was der Foto­gra­fierte erlaubt.

Wenn ein Unter­nehmen also auf einer eigenen Veran­stal­tung foto­gra­fieren lässt muss es von jedem Betei­ligten eine Einwil­li­gung holen, wenn die Fotos in der Mitar­bei­ter­zeit­schrift erscheinen sollen?

Da muss ich eine typi­sche Juris­ten­ant­wort geben: Es kommt darauf an. Es gibt nämlich auch Ausnahmen, bei denen Abbil­dungen ohne Einwil­li­gung veröf­fent­licht werden dürfen. Wenn die Bilder die Veran­stal­tung als solche zeigen und nicht die teil­neh­menden Personen im Vorder­grund stehen, ist die Veröf­fent­li­chung unpro­ble­ma­tisch. Das gilt auch, wenn die abge­lich­teten Menschen als bloßes Beiwerk, beispiels­weise in einer Land­schafts­fo­to­grafie oder neben einem Gebäude erscheinen. Ich habe da eine einfache Prüf­frage: „Ändert sich der Charakter des Bildes, wenn die Person nicht auf dem Bild wäre?“. Lautet die Antwort „ja“, brauche ich eine Einwil­li­gung. Die brauche ich aber grund­sätz­lich nicht, wenn es sich um eine Person der Zeit­ge­schichte handelt. Ein Foto der Bundes­kanz­lerin kann ich also problemlos abdru­cken. Und übri­gens: Auch das Foto eines privaten Gebäudes darf ich nicht einfach veröf­fent­li­chen.

Und wenn es trotz aller Vorsicht zur einer Abmah­nung kommt. Wie verhalte ich mich da richtig?

Auf keinen Fall einfach eine Unter­las­sungs­er­klä­rung unter­schreiben. Häufig sind die viel zu pauschal formu­liert und der Abge­mahnte schränkt sich mit seiner Unter­schrift unnötig ein. Da sollten Sie sich mit einem Experten zusam­men­setzen und ganz konkret formu­lieren, was Sie in Zukunft unter­lassen werden.

WEITERE INFORMATIONEN
Noch mehr Wissen rund um Urhe­ber­rechte gibt es auf der Infor­ma­ti­ons­platt­form iRights.info. Die Macher der Seite wurden mit dem „Grimme Online Award“ in der Kate­gorie Infor­ma­tion und dem Klick­safe-Preis für Sicher­heit im Internet ausge­zeichnet.

Sebastian Stamm

Artikel bewerten:

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne
Loading...