Kennen Sie das? Da buchen Sie einen teuren Profifotografen, sind aber trotzdem mit den Bildern nicht zufrieden. Im schlimmsten Fall fehlt ein bestimmtes Motiv oder wichtige Details stimmen nicht. Mit einem professionellen Foto-Briefing lässt sich das vermeiden!
Ob Ihre Artikel, Posts oder Kampagnen bei den Lesern ankommen, hängt zu einem hohen Maß von den Fotos ab. Dementsprechend ernst sollten Sie es nehmen, gute Bilder zu organisieren. Es genügt nicht, eine Outlook-Einladung einzustellen, den Fotografen zu buchen und auf schönes Foto-Wetter zu hoffen.
Erste Überlegung: Was will ich mit dem Bild?
Sie haben ein Thema, vielleicht soll eine neue Anlage vorgestellt werden, vielleicht schreiben Sie eine Reportage über die Entwicklung eines neuen Produkts. Sie wissen also grob WAS auf Ihrem Foto zu sehen sein soll. Das genügt dem Fotografen aber noch nicht, er interessiert sich vor allem für das WIE.
Hier ist redaktionelles Gespür gefragt. Die Aufgabe lautet: Welche Fotos transportieren den Inhalt am besten? Wie erzählen die Fotos die Geschichte mit?
Ein Beispiel:
Ihre Entwickler haben ein tolles Produkt ausgetüftelt, das in Ihrem Kundenmagazin vorgestellt werden soll. Die Geschichte erzählt, welche Hürden und Widerstände die Kollegen überwinden mussten und wie sie es mit viel Hirnschmalz, Know-how und Kreativität geschafft haben. Das Aufmachermotiv sollte demzufolge nicht ein schickes Marketingmotiv des Produkts sein, schließlich geht es ums Tüfteln. Der Leser muss Tüftler am Werk sehen – und das aktiv. Das typische Gruppenfoto eines riesigen Teams transportiert ähnlich viel Leben wie ein leerer Getränkeautomat.
Noch ein paar Dinge, die in Ihren Überlegungen eine Rolle spielen sollten: Betrachten Sie die Geschichte nicht isoliert, sondern beziehen Sie Ihr gesamtes Magazin mit ein. Wie sollen die Seiten davor aussehen, wie die danach? Leser lieben Abwechslung.
Noch ein Beispiel:
Bleiben wir bei den Entwicklern, überlegen aber noch einen Schritt weiter. Im Heft sind bereits zwei Interviews, bei denen Köpfe zu sehen sind. Jetzt eine Seite zu bringen, die noch einmal groß die beiden Entwickler zeigt, wäre eine optische Wiederholung – die Geschichten würden austauschbar werden. Besser: Sie überlegen sich einen anderen Ansatz. Zum Beispiel könnten Sie das Umfeld der Tüftler miteinbeziehen. Ein Schuss in die Werkstatt mit geschäftigen Menschen und viiieeel Gewusel (Werkzeuge, Komponenten, Bildschirme, etc.) transportiert den Daniel-Düsentrieb-Faktor noch besser, als die Personen selbst.
Sie sehen: Text und Foto verhalten sich wie Henne und Ei. Wissen Sie früh genug, wie die Motive aussehen sollen, können Sie den Text dementsprechend zuspitzen. Im besten Fall arbeiten Sie deshalb an Text und Fotos gleichzeitig.
Das hilft auch, ein konkretes Bild im Kopf entsteht zu lassen. Das müssen Sie dann nur noch dem Fotografen vermitteln.
Wie sag ich’s dem Fotografen?
Es gibt kein Patentrezept, um ein Motiv zu beschreiben. Beschreiben Sie das Motiv, wie Sie es vor Ihrem inneren Auge im Magazin sehen. Benutzen Sie dabei blumige Adjektive oder Anleihen an bekannte Vorlagen („Die Farben sollen so aussehen wie ‚Iron Man‘“, oder so). Verlieren Sie ein paar Sätze zur Geschichte rund um das Foto. Kennt der Fotograf diese, tut er sich leichter.
Das könnte etwas so klingen:
„Unser Titelheld ist Walter Simonson (49), Geschäftsführer der Ragnarok GmbH. Ein hemdsärmeliger Typ. Sein Unternehmen ist Weltmarktführer für Hammer. Da seine Produktionshalle dem Erfolg langfristig nicht mehr gewachsen war, musste er vor kurzem Tabula rasa machen und riss seine alte Halle ab, um eine neue Smart Factory zu bauen. Mit unserem Titelmotiv wollen wir zeigen, dass Herr Simonson ein Anpacker ist. Deshalb zeigt es ihn auf der Baustelle, wie er mit einem großen Hammer einen Durchbruch schlägt. Das Motiv darf überzeichnet-martialisch im Stile einer Hornbach-Werbung inszeniert sein. Herr Simonson ist deshalb auch im Anzug, um gleich einen optischen Kontrast zu erzeugen.“
Na, haben Sie ein Motiv vor Augen? Sehr gut, der Fotograf auch.
Ein weiteres probates Mittel sind Skizzen, gerade bei komplexeren Motiven. Je nachdem wie weit Sie im Magazin sind, kann es helfen, wenn Sie frei malen – vielleicht können Sie in einem Grafikprogramm die Seite aufreißen. Ein Handscribble tut es auch. Bekommt das der Fotograf noch zusätzlich, freut er sich. Genauso über Vorlagen. Sie wollen ein toll fotografiertes Porträt, so wie das, was Sie neulich von Clint Eastwood gesehen haben? Suchen Sie das entsprechende Motiv heraus und schicken es dem Fotografen.
Ist Ihr Layout schon so weit, dass Sie wissen, dass das Foto in schwarzweiß abgedruckt werden soll oder Teil einer Infografik wird? Unbedingt dem Fotografen sagen!
Der Fotograf ist allerdings nur die eine Seite der Medaille, auch mit den anderen Beteiligten gibt es einiges zu klären.
Was müssen die Beteiligten wissen?
Fangen wir mit Ihren „Models“ an: Die sollten wissen, was auf sie zukommt, bekommen also ebenfalls das Briefing zugeschickt. Sobald sie wissen, wie sie fotografiert werden sollen, wird bei vielen die Sorge übers eigene Aussehen losgehen. Da können Sie mit ein paar weisenden Worten helfen. Teilen Sie Ihren Protagonisten mit, wie sie sich anziehen sollen. Verkleiden gilt nicht, die Kollegen sollen sich schließlich wohlfühlen. Ein heißes Thema ist oft die Frisur: Kommt das Thema darauf, raten Sie immer dazu, den Friseurtermin mindestens eine Woche vor den Shootingtermin zu legen. Solange brauchen die meisten, um sich unter ihrer neuen Haarpracht wohlzufühlen.
Sorgen Sie auch rechtzeitig dafür, dass die Location fototauglich ist. Soll etwa eine neue Maschine im Vordergrund stehen, kann vielleicht noch einmal jemand über die Armaturen wischen (wenn es richtig nach Arbeit aussehen soll, vielleicht nicht ganz so sorgsam). Brauchen Sie Requisiten, stellen Sie frühzeitig sicher, dass diese auch vorhanden sind.
Noch ein paar Worte zur Planung
Ein großes Thema beim Fotografieren ist immer: Welches Licht wird gebraucht? Da hilft es, wenn der Fotograf grundsätzlich weiß, wie die Location aussieht. Zum Glück ist das in den Zeiten von Smartphones kein Problem mehr. Machen Sie einfach ein paar schnelle Schüsse von der Umgebung – da hilft bestimmt auch gerne der Kollege, falls Sie gerade nicht in der Nähe sind.
Noch wichtiger ist allerdings der Faktor Zeit. Unterschätzen Sie nie, wie lange es dauert, Lampen aufzustellen, korrekt auszuleuchten, etc. Für einen Titel darf man guten Gewissens zwei bis drei Stunden einplanen, insbesondere wenn es um Menschen geht. Am besten Sie fragen einfach den Fotografen.
Hören Sie auf Ihre Fotografen!
Der letzte Ratschlag ist generell ein guter. Schicken Sie Ihren Plan an den Fotografen, bevor alles in Stein gemeißelt ist. Er liefert Ihnen wichtiges Feedback, was Planung und Drumherum betrifft.
Und wie immer gilt frei nach Douglas Adams: Keine Panik! Dass sich durch die Gegebenheiten vor Ort noch einmal Details verändern können, liegt in der Natur der Sache. Allein wenn das Wetter nicht mitspielt, ist Improvisationstalent gefordert. Auch dabei gilt: Je genauer der Fotograf weiß, was Sie wollen, desto besser werden die Fotos zu Ihrem Artikel passen.
Zusammengefasst:
Das Rezept fürs Briefing
Das Grundsätzliche:
- Wer ist Ansprechpartner vor Ort?
- Wer und/oder was wird fotografiert?
- Wo wird fotografiert?
- Gibt es vielleicht schon Schnappschüsse von Location und Models?
- Wann wird was fotografiert? Bei komplexem Programm immer einen Ablauf planen.
- Warum wurde diese Person/dieses Objekt ausgewählt – also was ist der tiefere Sinn der Aktion und der Bezug zum Artikel?
Die Motive:
- Was sind meine wichtigsten Motivwünsche? Die brauchen eine detaillierte Beschreibung.
- Was soll der Fotograf für Requisiten mitbringen und wer besorgt sie?
- Was sollte die fotografierte Person mitbringen/für die Fotos vorbereitet werden und wer kümmert sich darum, dass es so passiert?
Das Formale:
- Wann brauchen Sie die Bilder?
- Wie läuft die Übertragung?
- Wer ist für die Nachbearbeitung zuständig?
- Sind Sie und der Fotograf sich über die Lizenz-/Rechtelage einig?