Was macht ein gutes Foto aus?


Bilder in Maga­zinen sind das Futter für die Augen. Wer also den Leser verführen will, sollte statt visu­ellem Dosen­fraß lieber foto­gra­fi­sche Gour­met­küche servieren. Wir verraten Ihnen die wich­tigsten Zutaten, um den Leser mit unge­wöhn­li­chen Bildern zu über­ra­schen und so Lust aufs Lesen zu machen.

Eines gleich vorweg: Üppige Bilder­bud­gets und satte Foto­gra­fen­ho­no­rare garan­tieren noch keine wirk­lich guten Bilder. Für ein gutes Foto benö­tigen Sie keine riesigen Summen. Was Sie brau­chen, ist Krea­ti­vität und Mut. Mut, einen neuen Weg zu gehen, statt wieder das Nahe­lie­gende zu tun. Das gilt beson­ders für häufig wieder­keh­rende Motive.

Wie gelingt es also, selbst beim 100. Einzel­por­trät, Produkt- oder Grup­pen­foto noch span­nend und damit für den Leser inter­es­sant zu bleiben? Dazu benö­tigen Sie erstmal eine ausge­fal­lene Bild­idee. Bringen Sie die Person oder das Objekt in eine unge­wöhn­liche Situa­tion. Gehen Sie raus aus der Komfort­zone! Machen Sie das Gegen­teil von dem, was Sie bisher gemacht haben! Zeigen Sie einmal die weniger bekannte, unge­wöhn­liche Seite. Und so richtig stark wird das Ergebnis dann durch das Zusam­men­spiel von Foto und beglei­tender Text­aus­sage. Die setzt das unge­wöhn­liche Motiv wieder in den rich­tigen Kontext.

Eine weitere Möglich­keit, ausge­tre­tene Pfade zu verlassen, ist der soge­nannte formale Perspek­tiv­wechsel. Wählen Sie die Frosch- oder die Vogel­per­spek­tive. Gehen Sie extrem nah an das Objekt ran, oder foto­gra­fieren es aus maxi­maler Entfer­nung. Span­nung lässt sich auch mit bewusst einge­setzten Unschärfen, beson­deren Licht­stim­mungen, Gegen­licht oder krassen Farb­kon­trasten errei­chen.

Inter­view mal ganz anders

Typi­sche Foto­jobs für jedes Mitar­beiter- oder Kunden­magazin sind die Bebil­de­rung des Inter­views mit dem Geschäfts­führer oder des Mitar­bei­ters, der über sein Projekt spricht. Wir zeigen Ihnen ein paar Alter­na­tiven zu drögen Klas­si­kern.

Mann sitzt mit Handy im Bad

Man hätte den tech­ni­schen Leiter des Lüfter­her­stel­lers auch im Büro foto­gra­fieren können. Aber so wird die Botschaft auf einen Blick klar: Es ist so leise im Bad, dass man dort am liebsten arbeiten möchte. (mag 2/16 von ebm-papst, Seite 21-22)

Inter­viewter mit seinem Produkt im Hinter­grund. Da ein Handy­chip sehr klein und daher schwer darzu­stellen ist, ließen sich die Macher der Seite hier etwas Beson­deres einfallen. (Laser Commu­nity #26 von TRUMPF, Seite 9)

Mann sitzt in Cafeteria

Hier nähern wir uns der Person erst aus dem dunklen Vorder­grund. Sie sitzt im Licht und hat uns bereits im Blick. (mag 2/17 von ebm-papst, Titel)

CEO Stefan Brandl im Interview auf Sportplatz

Der CEO spricht. Doch statt wie üblich am Tisch zu sitzen, empfängt er uns zum Inter­view auf dem Sport­platz: in frei­zeit­li­cher Umge­bung und Atmo­sphäre, aber im Busi­ness Look. (one #1 von ebm-papst, Seite 16-17)

Das Produkt ist der Star

Eine weitere, immer wieder­keh­rende foto­gra­fi­sche Aufgabe lautet: „Wir brau­chen ein Foto von dem Produkt im Heft.“ Auch hier darf es nicht lang­weilig werden. Schließ­lich machen wir keinen Katalog, sondern müssen einen Weg finden, selbst Objekte mit begrenzter Ästhetik hoch­wertig, geheim­nis­voll oder drama­tisch zu insze­nieren.

Mann mit Rollator auf der Halfpipe

Ein Rollator auf der Half­pipe? Unge­wöhn­lich für ein Produkt für Senioren. Es zeigt aber auch: Das Ding macht echt mobil. (mag 1/18 von ebm-papst, Titel)

Gasgebläse in Szene gesetzt

Sieht aus wie ein schnödes Gebläse? Nicht mit dieser beson­deren Farb- und Licht­stim­mung. (one #1 von ebm-papst, Seite 10-11)

Schickes Rädchen am Getriebe

Durch die geringe Schär­fen­tiefe und den drama­ti­schen Kontrast kommt Leben ins kleinste Getriebe. (ONLOAD #1 von Maschi­nen­fa­brik Rein­hausen, Seite 30)

Hohes C-Flaschen im Grünen

Eine gute Möglich­keit, Produkte zu präsen­tieren, ist, sie in einen szeni­schen Kontext einzu­ordnen. So landen diese Getränke mit ihrem Besitzer im Grünen. (Juice Press 1/17 von Eckes-Granini, Seite 6)

Gruppen cool foto­gra­fieren

Je häufiger ein Thema vorkommt und je gewöhn­li­cher es ist, umso wich­tiger ist es, nach einem beson­deren Merkmal oder Akzent zu forschen. Ein Element das vor allem in Mitar­bei­ter­ma­ga­zinen häufig auftaucht, ist das Grup­pen­foto. Vielen Foto­grafen ist das eher lästig und so werden Grup­pen­fotos oft ohne die nötige Aufmerk­sam­keit gemacht: Die Anord­nung der Personen passt nicht und auch Licht und Hinter­grund werden zu wenig Beach­tung geschenkt. Das Ergebnis ist dann der klas­si­sche „Männer­zaun“. Hier ein paar Beispiele, wie es besser geht:

Statt als typi­schen Männer­zaun insze­niert der Foto­graf die Inge­nieure wie eine coole Musik­band. (mag 1/17 von ebm-papst, Seite 26-27)

Das Team von oben: Die Vogel­per­spek­tive setzt die Mitar­beiter der Schuler Group unge­wohnt in Szene. (Power Press #3 von Schuler, Titel)

Hier sieht man die Mitar­beiter mit ihrem Projekt: Einge­bunden in den Kontext bekommen sie den Raum, der ihnen gebührt. (Hans! #107 von hans­g­rohe, Seite 10-11)

Die IT-Abtei­lung als Secu­rity – eine unge­wohnte Darstel­lung! (impulse 10/14 von TRUMPF, Seite 17)

Fazit: Die Mischung macht’s

Beson­ders für sich häufig wieder­ho­lende Motive ist es wichtig, die rich­tige Mischung aus Vertrautem und Über­ra­schendem, Fein­sinn und Glaub­wür­dig­keit zu finden. Setzt der Foto­graf dazu geeig­nete foto­gra­fi­sche Mittel ein, ist die Wahr­schein­lich­keit hoch, dass Ihre Leser Gefallen daran finden. 

Christoph Kalscheuer

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