Kick it like Howler


Howler ist ein Heft für die wenigen Ameri­kaner, die etwas mit Fußball anfangen können. Zugleich ist es aber auch ein Heft für die vielen Ameri­kaner, die zwar mit dem Spiel nichts anfangen können, aber von dessen Mythos gestreift wurden (ehrli­cher Kampf, Männ­lich­keit, Hinter­zim­mer­deals und Hooli­gans, Herz­schlag­fi­nale, Fair­ness und Tief­schläge...). Wer 15 Dollar pro Ausgabe abdrü­cken kann, darf hier im Mythos baden.

Howler Soccer Fußball Magazin TitelblattDer Fußball in den USA lebt von dem Mythos, der den alten, großen Fußball in Europa umgibt. Deshalb streift zumin­dest diese Ausgabe Howler den Latein­amerikanischen Fußball kaum. Statt dessen verknüpft das Heft diesen Mythos vom großen Fußball in England und Italien redak­tio­nell zu etwas urame­ri­ka­ni­schem: Die Geschichte vom alten Revolver­helden und seinem jungen Schüler (ok, das sind eher die Karate Kid Filme, aber der Mythos ist der gleiche).

Larger than life

Howler ist ein Magazin im Über­format. Geschlossen 300 Milli­meter hoch und 253 Milli­meter breit – offen also fast eine halben Meter breit. Ein „larger than life“-Heft für ein Spiel, das darin eben­falls „larger than life“ vorge­stellt wird. Das Format ist geschlossen fast quadra­tisch, aber eben nur fast. Quadrate sind eben­mäßig lang­weilig. Fast-Quadrate sind irri­tie­rend: Symme­trie mit einge­bautem Störer.

Weil das Spiel „larger than life“ darge­stellt wird, gibt es extrem wenig Sport­fotos. Die reale Welt stört bei der Mysti­fi­zie­rung eher. Statt­dessen gibt es sehr viele illus­tra­tive Aufma­cher – nicht tech­nisch illus­trativ, sondern so wie der Titel als illus­triertes Bild gestaltet. Mit diesen Illus­tra­tionen versucht Howler übri­gens zusätz­li­ches Geld zu verdienen: Im Shop kann man sie als Drucke kaufen.

Dort wo reale Fotos zum Einsatz kommen dienen sie der Erklä­rung und Doku­men­ta­tion und sind mit Pfeil­chen und Detail­be­schrif­tungen versehen. Teil­weise sind sie in einen Zusam­men­hang wie ein Zeit­strahl einge­bunden oder es sind über­hö­hende Fotos aus Spiel­si­tua­tionen, die die Helden im Kampf zeigen.

Howler ist sehr leicht, lebendig und präzise gestaltet, eines der schönsten Maga­zine, das ich in letzter Zeit gesehen habe. Wie im Moment üblich, gibt es keine Farbe im Text, aber die vielen illus­trierten Motive glei­chen das mit ihren kräf­tigen Farben komplett aus.

Und redak­tio­nell sollte man das Heft auch nicht von der Bett­kante schubsen. Das Heft steckt voller faszi­nie­rende Geschichten, die auch dieje­nigen fesseln, die bei Zeit­schriften wie Kicker Flucht­re­flexe bekommen.

Ein Rund­gang durch Howler / Fall 2012

Aufwärmen

Auch wenn der Titel nicht so aussieht, es geht doch um Fußball. Das Inhalts­ver­zeichnis bildet den Kontrast zum Titel und das scheint auch seine Haupt­auf­gabe zu sein: Einen beru­hi­genden Kontra­punkt zu setzen. Ansonsten ist es schön, aber nicht sehr hilf­reich.

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Genau genommen geht es um Mythen.
für Blinde und Google eine kurze Beschreibung
Es geht um Helden …
… und um die mythi­schen Orte ihrer Schlachten.
Illus­tra­tionen und illus­tra­tive Elemente entfalten dabei oft mehr Wucht und Stim­mung als das banale, echte Foto.
Kurz: alles ist über­höht und „larger than life“.

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Aber weil es doch viel zu erzählen gibt, gibt es immer ein Nach­spiel.

Um ihren Heft­rhythmus trotz langer Geschichten unge­stört entfalten zu können, haben sich die Macher von Howler etwas einfallen lassen, das ich zumin­dest aus euro­päi­schen Blätter nicht kenne: einen Anhang, der sozu­sagen den Über­satz sammelt.

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Das Ganze gibt es natür­lich auch im Web: www.whatahowler.com

Martin Reinhardt

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