Sagen Unternehmen in ihren Publikationen überhaupt die Wahrheit? Als ich als Journalist bei den Magazinikern anfing, trieben mich Fragen wie diese um. Mittlerweile kenne ich die Antworten.
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Muss ich beim Recherchieren und Schreiben meine kritische Distanz aufgeben?
Antwort: Jein.
Eine typische Situation in meinen Anfangstagen bei den Magazinikern: Beim Kunden soll ich, zusammen mit einigen Kollegen, etwas über das Unternehmen lernen. Als es gerade um dessen Produkte geht, fällt seitens des Vortragenden der Satz: „Qualität ist hier nicht das entscheidende Kriterium.“ Ich frage kritisch nach: „Was ist es denn dann?“ Kurzes Schweigen, dann lachen alle los.
Ich merke: Ich habe gefragt wie ein Journalist, der auf der Pressekonferenz einem Großkonzern auf den Zahn fühlen, unbequeme Fragen stellen und den PR-Beauftragten so aus der Reserve locken will. In meinem neuen Job ist das allerdings nicht immer zielführend.
Muss ich mir bei den Magazinikern also sämtliche kritische Distanz abgewöhnen? Mitnichten. Tatsächlich habe ich gemerkt, dass ein zuweilen etwas kritischerer Blick auch gut sein kann für Unternehmensmedien. Nur so kommen Rubriken zustande wie beispielsweise „Hier klemmt’s“, in denen Hansgrohe-Mitarbeiter in ihrer Mitarbeiterzeitschrift Themen ansprechen können, in denen es ihrer Meinung nach nicht so rund läuft.
So viel Offenheit ist allerdings nicht in jeder Unternehmenskultur verankert. Und manchmal fehlt auch ein bisschen der Mut. Als Journalist hätte mir dafür das Verständnis gefehlt. Als Magaziniker verstehe ich, warum manche Dinge in der Unternehmenskommunikation anders funktionieren – und vorsichtiger formuliert werden müssen, damit die Botschaft ankommt.
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Verständlichkeit ist bei Unternehmensmedien nicht so wichtig, oder?
Antwort: Denkste!
Wer in den Journalismus will, muss die schmerzhafte Erfahrung machen, dass es nicht seine sorgfältig ausgewählten, seltenen Adjektive sind, auf die es beim Artikel ankommt, sondern darauf, dass der Leser am Ende den Text versteht. Als ich zu den Magazinikern kam, fragte ich mich, ob das auch für Unternehmensmedien gilt, oder ob es da nicht eher wie im Gespräch zwischen zwei Bekannten ist: Die greifen auf einen gemeinsamen Wissensschatz zurück und sprechen dieselbe Sprache – auch ohne viele Worte.
Pustekuchen, kann ich da nur sagen. Meinen journalistischen Anspruch, für unterschiedlichste Leser verständlich zu texten, brauche ich auch für die Inhalte, die wir hier bei den Magazinikern produzieren. Ob Kommissionierer oder Key Account Manager, ob Mitarbeiter oder Kunde – alle haben unterschiedlichste Wissensstände und Lebensrealitäten und stehen anders zum Thema. Dem muss ich als Magaziniker Rechnung tragen.
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Storytelling in Unternehmensmedien?
Antwort: Unbedingt!
Seien es Tageszeitungen, gedruckte oder Online-Magazine – alle brauchen heutzutage gutes Storytelling, um ihre Leser zu binden. Als Journalist geht einem das in Fleisch und Blut über. Aber Storytelling bei Unternehmensmedien? Braucht man das überhaupt? Meine Magaziniker-Erfahrung sagt: Absolut! Gerade bei Unternehmen aus dem technischen Bereich kann es sehr schnell relativ „trocken“ werden, wenn es beispielsweise darum geht, eine Maschine oder eine neue Komponente zu erklären.
Da braucht man einen Experten, der die Geschichte dahinter sieht, Protagonisten findet und den richtigen Leuten die richtigen Fragen stellt. Keine Frage – technische Neuerungen sind für den geneigten Leser spannend. In den richtigen Händen werden daraus aber spannende Geschichten, die jeder gerne liest. Und dass der Buzzword-erprobte Kommunikator zustimmend nickt und „Content is King!“ ruft, weiß ich jetzt auch. 😊