Jammern über Webtexte oder was Unter­nehmen noch von den Gamern lernen können


Ob ein Text gelesen wird, hängt auch davon ab, ob Forma­tie­rung und Schriftart passen. Eine Lektion, die sich viele Macher von Inter­net­seiten und Intra­nets leider nicht hinter die Ohren geschrieben haben. Wie sollte ein Webtext aussehen?

Achtung, jetzt müssen Sie stark sein! Was folgt, ist ein typi­scher Webtext. Texte wie diese findet man immer noch auf vielen Inter­net­seiten, vor allem von Unter­nehmen. Selbst wenn die Inhalte super sind, wird ihn kaum einer lesen mögen. Es fängt mit der Schriftart Arial an. Kennt jeder, ist aber sowas von Windows 3.1. Will sagen: Arial ist weder was für Ästheten, noch für Leute, die Infor­ma­tionen gerne ohne zusam­men­ge­knif­fene Augen aufnehmen möchten. Ganz dicke kommt es, wenn beides auf Ihre Leser zutrifft. Neben der eher so mittel­mä­ßigen Schriftart ist der Text auch noch ziem­lich winzig und eng gesetzt. Ähm, sind Sie eigent­lich noch da?

Auch die Länge dieses Absatzes ist ein Problem. Weil ich Sie gerne quäle, habe ich noch kein einziges Mal die Enter­taste betä­tigt. Das hole ich jetzt nach und zeige Ihnen, wie es besser geht. Dafür müssen Sie mir verspre­chen, dass ich künftig keine Texte wie diesen mehr auf Ihrer Website finde.

Diesen Artikel könnten Sie auch in schön lesen.

Bitte schöner

So, besser, spüren Sie schon, dass sich Ihre Augäpfel wieder entspannen? Wie Sie im direkten Unter­schied merken, haben wir versucht, es auf unserer Website besser zu machen. Da Eigenlob aber stinkt, schauen wir uns jetzt gemeinsam eine andere Seite mit guter Schrift­ge­stal­tung an. Polygon ist ein Online­ma­gazin über Spie­le­kultur mit vergleichs­weise hohem jour­na­lis­ti­schem Anspruch. Ich mag Polygon, weil ich wenigs­tens gerne gute Artikel über Spiele lese, wenn ich selbst schon nicht mehr zum Spielen komme.

Lang und kurz­weilig

Screenshot der Seite Polygon.com

Das könnte Ihre News sein. (Quelle: Polygon.com)

Schauen wir uns als will­kür­li­ches Beispiel diese Kritik zum Action­kra­cher (wollte ich schon immer mal schreiben) Uncharted 4 an. Dieser Artikel hat fast 9.000 Zeichen und ist damit länger als der Groß­teil der Texte, die ich für die Unter­neh­mens­kom­mu­ni­ka­tion schreibe. Inter­es­san­ter­weise fühlt sich die Kritik aber kürzer an, als so manche online veröf­fent­lichte Unter­neh­mens­news.

Das liegt daran, dass die Basics stimmen. Die Schriftart ist gut lesbar und schön groß. Jede Spalte hat rund 80 Anschläge (mit Leer­zei­chen), das entspricht der groben Faust­regel fürs Webde­sign. Das Auge kann so recht­zeitig in die nächste Zeile springen, bevor die Aufmerk­sam­keit nach­lässt.

Die Absätze sind außerdem stra­te­gisch so gesetzt, dass der Leser schnell durch den Text scannen kann – heut­zu­tage sehr wichtig (mehr dazu siehe hier auf Spiegel Online). Der Weiß­raum nach dem groß­for­ma­tigen Aufma­cher­foto sorgt für Ruhe, viele Absätze lockern den Text zusätz­lich auf.

Zusatz­ele­mente rocken

Mich halten aber vor allem die vielen Zusatz­ele­mente bei der Stange. Es gibt Screen­shots, einge­bun­dene YouTube-Videos, hervor­ge­ho­bene Zitate und einen großen Info­kasten , der den Fließ­text unter­bricht. Das alles ist simpel gelöst, sieht aber trotzdem gut aus. Einzelne Elemente dürfen dazu auch mal aus der Spalte ausbre­chen. Das kommt natür­lich aus dem Print, wo solche Ausreißer Layouts inter­es­santer machen.

Was brauche ich dafür?

Das Schöne an diesem Beispiel ist: Der Artikel sieht gut aus, ohne dass hier ein Grafiker näch­te­lang irgend­welche Bild­chen malen musste. Sämt­li­ches Mate­rial stammt vom Spie­le­her­steller, die Kollegen von Polygon mussten diese „nur“ noch in ihr Layout einbauen. Die Lektion für Sie: Mit dem rich­tigen Blick für Design können auch aus vorhan­denem Mate­rial gute Webar­tikel entstehen.

Mehr über Typo­grafie und Text­ge­stal­tung im Web

Gerrit van Aaken beschäf­tigt sich ausführ­lich mit dem Thema Web-Typo­gra­phie. Super (und kostenlos) lesbar auf: webtypobuch.de Viel­leicht lassen Sie ihm ja per Kauf­op­tion oder Flattr ein paar Euros da.

Und jetzt Sie!

Gemeinsam mit unseren Kunden sind wir momentan dabei, die virtu­elle Welt etwas schöner zu machen. Das Online­ma­gazin von ebm-papst oder unserem Magazin-Frame­work „mag2go“ sind Projekte, mit denen wir beweisen wollen, dass gut gelay­outete Artikel auch in die digi­tale Unter­neh­mens­kom­mu­ni­ka­tion gehören.

Anton Tsuji
  • Autor:
    Anton Tsuji
  • Datum:
    14.11.2017
  • Lesezeit:
    kommt drauf an, welche Version Sie lesen

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