Liebe Leser?


Von wegen. Wir Leser, wir sind nicht lieb.

Nein, wir Leser sind nicht lieb. Nicht zu den Maga­zinen, die wir gerade on- oder offline lesen und nicht zu denen, die sich dafür abge­ra­ckert haben. Wir streifen achtlos von Bild zu Bild und Über­schrift zu Über­schrift. Wir blät­tern oder klicken uns in zehn Minuten durch 50 Seiten: halb­in­ter­es­siert, werbe­re­sis­tent, immer auf dem Sprung. Und wir erwarten hinter jedem Umblät­tern eine neue Beloh­nung für diese Anstren­gung.

Wir wollen Neues erfahren, unter­halten werden und einen Nutzen daraus ziehen – emotional oder mate­riell. Und zwar sofort. Das dürfen wir uns Lesern nicht übel nehmen. Maga­zine funk­tio­nieren nur deshalb so gut, weil wir so sind: Man kann sie jeder­zeit in die Hand nehmen und wieder weglegen oder -klicken.

Man kann sie als Ausrede gebrau­chen, um etwas anderes zu machen, als man gerade tun sollte, und hat – wenn sie seriös wirken – auch noch das Gefühl, etwas Vernünf­tiges zu tun. Sie geben Gesprächs­stoff. Sie versorgen uns mit Neuig­keiten und sie ersparen uns das eine oder andere Fach­buch, das zu lesen wirk­lich Arbeit wäre.

Das übri­gens ist noch eine unan­ge­nehme Wahr­heit über uns Leser: Wir wollen uns nicht abmühen. Maga­zine, die nach Arbeit aussehen, mögen wir nicht. Manche lesen wir trotzdem, weil das Nutzen­ver­spre­chen groß genug ist oder weil wir keine Wahl haben – Fach­me­dien leben davon (und von ihren „Busi­ness-News“ oder „Perso­nalia“ getauften Klatsch­spalten).

Aber wenn wir Leser uns ganz ehrlich beob­achten, sind wir – faul. Wir wollen es mühelos, wir wollen es einfach und wir wollen es so lebendig, dass selbst trockene Materie flutscht, wie ein Bier­chen zum Sonnen­un­ter­gang.

Wenn wir das nicht kriegen, sind wir weg. Nein, wir Leser sind nicht lieb. Aber Medien, die uns so nehmen, wie wir sind, bringen wir schnell unsere ganze Liebe und Treue entgegen. Bis jemand kommt, der noch besser zu uns ist.

Leser­kon­takt


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