Leserbefragung: quantitativ oder qualitativ? Wie sich die Methoden unterscheiden und welche wann angebracht ist, erklärt Anna Begau, Senior-Projektleiterin Beratung und Marktforschung bei aserto im Interview.
Ein funktionierendes Unternehmensmagazin braucht eine motivierte Kommunikationsabteilung, begnadete Grafiker, tolle Autoren und ambitionierte Zeitschriftenentwickler. Und was noch? Genau: Leserinnen und Leser. Wer wissen will, was die lesen wollen, fragt am besten mal nach. Das klingt einfach, ist aber nicht ohne Tücken. Wie war das nochmal mit der quantitativen und der qualitativen Methode? Welche Fragen stelle ich wie, wem, um am Ende was mit den Antworten zu machen? Wir haben dazu bei Anna Begau, Senior-Projektleiterin Beratung und Marktforschung bei aserto nachgefragt.Frau Begau, Quantität oder Qualität – welche Befragungsmethode ist denn nun die bessere?
Es gibt kein besser oder schlechter. Es kommt darauf an, welche Zielsetzung hinter einer Befragung steht. Wenn ich Daten benötige, um meine interne Strategie zu belegen, also meine Arbeit mit Argumenten und diese mit konkreten Zahlen zu unterfüttern, dann bietet sich die quantitative Befragung an.
Die Offenheit der qualitativen Befragung ermöglicht eine hohe Befragungstiefe.
Die qualitative Methode hat dann Vorteile, wenn ich keine konkrete Vorstellung davon habe, wie Antworten aussehen könnten oder Ergebnisse einer quantitativen Befragung interpretieren möchte. Hier bekomme ich ein Stimmungsbild aus der Leserschaft mit gegebenenfalls ganz neuen Erkenntnissen.
ZUM UNTERNEHMEN
ist eine Unternehmensberatung für Kommunikation mit Sitz in Hannover. aserto bietet individuelle Beratungs-, Analyse- und Marktforschungsdienstleistungen mit Schwerpunkt analytisch-strategische Beratung.
Wie geht so eine qualitative Befragung?
Zunächst müssen wir wissen, durch welche Merkmale sich eine Zielgruppe auszeichnet. Daran orientiert sich die Auswahl derer, die wir befragen. Das sind meist acht bis zehn Personen, die die Kernmerkmale der Zielgruppe abdecken.
Dann überlegen wir, was genau wir wissen möchten, formulieren dazu übergeordnete Fragestellungen, entwickeln daraus offene Fragen und erstellen einen vorstrukturierten Leitfaden. Auf dieser Basis führen wir Einzelgespräche, persönlich oder auch telefonisch.
Was sind die Vorteile dieser qualitativen Befragung?
Die Offenheit der qualitativen Befragung ermöglicht eine hohe Befragungstiefe. Wir bringen die Befragten dazu, uns möglichst viel aktiv mitzuteilen. So schaffen wir es während eines Gesprächs auf Aspekte zu stoßen, an die vorher niemand explizit gedacht hat und daher auch nicht als Frage formulieren konnte. Darauf kann man dann wieder eingehen und tiefer nachfragen. Das geht bei einer quantitativen Befragung nicht. Die hat aber den Vorteil, dass sie mit geschlossenen Fragen Daten und Zahlen generiert, die statistisch auswertbar und belastbar sind.
Das klingt nicht so kompliziert. Können wir Blattmacher das nicht einfach selbst machen?
Bei qualitativen Interviews zu Forschungszwecken geht es natürlich nicht nur darum, Interviewpartner zu rekrutieren und ihnen die Fragen zu stellen, die einen interessieren. Um herausfinden, was Leserinnen und Leser wirklich denken, kommt es auf einige wesentliche Aspekte an, für die es geschulte und erfahrene Marktforscher und Interviewer benötigt. Neben den zu Anfang bereits erwähnten Aspekten gilt es darüber hinaus, in der Interviewführung geschult zu sein, um erzählgenerierende Fragestellungen formulieren zu können, ein Bewusstsein für Interviewereffekte zu haben und diese zu vermeiden.
In der Auswertung der Interviews gilt es, offen an die Inhalte heranzugehen und sich gleichzeitig von der Forschungsfrage nicht zu entfernen. Und schließlich sollen die Ergebnisse der ausgewerteten Interviews verdichtet sowie verständlich und anschaulich aufbereitet werden. Wer hierin ausgebildet ist und über Erfahrung verfügt, kann hochwertige Forschungsergebnisse erzielen.