Ich wollte immer Journalist werden, weil man den Rechner nicht vor 9 Uhr hochfahren muss. Es war mein zweiter Tag bei den Magazinikern und Anton stand um Punkt 07.30 Uhr vor meiner Haustür. Recherche für unser Projekt sechsnull bei Festo in Esslingen. Beginn: 8 Uhr. Irgendwas lief hier schief.
Diesen Blogbeitrag schrieb Dominic Berner im September 2019, während wir das Glück hatten, ihn für ein Praktikum bei uns zu haben.
Am 6. Oktober 2020 haben wir gemeinsam mit der Hamburger Bildagentur Fotogloria unser gemeinsames Zukunftsprojekt 6.0 gestartet. Ein Teil davon: die Reportage über das Tüftler-Team bei Festo.
Ich bin Dominic, 24 Jahre alt und seit kurzem kein Student mehr. Ich habe im Jahr 2019 den ganzen September lang den Magazinikern über die Schulter geschaut, Blogbeiträge, Reportagen, Konzepte und Weihnachtsgrußkarten geschrieben.
Um kurz vor acht standen wir auf dem Festo-Betriebsgelände. „Das ist heute eine Ausnahme. Normalerweise geht es wirklich erst um neun los“, entschuldigte sich Anton. Schon in Ordnung, dachte ich. Die heutige Aufgabe würde mich schon aus der Schlaftrunkenheit peitschen.
Es war mein zweiter Tag bei den Magazinikern und Anton stand um Punkt 07.30 Uhr vor meiner Haustür. Irgendwas lief hier schief.
Auf dem Parkplatz schüttelten wir einige Hände: Philipp Freudigmann aus der Unternehmenskommunikation begrüßte uns. Und dann war da noch der Fotograf Jan Hosan sowie die Gebrüder Bierer, die sich vereint „wemake“ nennen und sich auf Video-Produktionen spezialisiert haben.
Zu fünft betraten wir den Ort unseres Schaffens, eine kleine Bastelwerkstatt im Herzen des Werksgeländes. By the way, der Grund für unseren Besuch ist nicht ganz unwichtig:
Festo beschäftigt ein Tüftler-Team, das sich ausschließlich mit Bionik befasst. Hinter diesem Begriff verbirgt sich die Idee, Bewegungsapparate aus der Natur zu adaptieren. Zum Beispiel entwickelte diese Abteilung einen Roboter-Greifarm, der wie ein Elefantenrüssel funktioniert. Idealer Stoff für unser Projekt 6.0, für das uns die Agenturfreunde von Fotogloria mit an Bord geholt haben. Anton führte die Interviews, Jan schoss die Fotos, wemake war für das Bewegtbild zuständig. Den besten Job hatte jedoch – ich.
Kreativität am Set
Bereits auf der Hinfahrt hatte mir Anton eine Kamera des Projektsponsors Olympus in die Hand gedrückt: „Du bist für das Making-Of zuständig. Stell dich am besten unauffällig an die Seite und mach ein paar Bilder“. Alles klärchen, das krieg ich hin, dachte ich.
Die Bionik-Werkstatt darf man sich weder wie Bill Gates‘ Bastelgarage noch wie den Transporterraum aus Star Trek vorstellen. Vielmehr erwartete uns ein nüchterner Raum, ausgestattet mit Werkbänken und allerhand Gerätschaften. Auch das Team entsprach nicht dem Klischee. Statt alten, zerzausten Ingenieuren in weißen Kitteln, schraubten hier junge Experten aus unterschiedlichen Bereichen an den Tools von morgen.
Der Aufbau war schnell erledigt, ein Tässchen Kaffee, um das Hirn in den Betriebsmodus zu versetzen und ab die Post.
Ein Schlitten auf Didgeridoos
Man muss dazu sagen, ich war zum ersten Mal bei einem solchen Dreh Schrägstrich Fotoshooting dabei und deshalb sicherlich leicht zu beeindrucken. Kreativität, Spontanität und Intuition. Ich glaube ohne diese drei Eigenschaften, würde man in einem Medienberuf verzweifeln. Während des Fotoshootings erzeugte der Fotograf bewegte Leuchteffekte. Und hatten wir uns noch beim Ausladen über die Baumarkt-Plastikrohre lustig gemacht – Wooowaa Wooowaa. Schau mal, ein Didgeridoo! –, war die Überraschung groß, als die Bierer-Brüder auf den „Didgeridoos“ einen selbstgebauten Schlitten setzten. Ein DIY-Schienensystem für die Kamera. Clever.
Ja, ich war mittlerweile aufgewacht. Es wurde parallel an unterschiedlichen Stellen gearbeitet. Und wenn ich die unzählige Neujustierungen des Elefantenrüsselarmes satthatte, das Ding musste ja perfekt in Szene gesetzt sein, stellte ich mich zu den Film-Brüdern und fotografierte dort weiter. Wie ein Schatten. Immer dort, wo man mich nicht brauchen konnte. Und genau deshalb immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
Eine Kernkompetenz des Journalisten
Eine Kernkompetenz des Journalisten ist die Gesprächsführung. Das Interviewen eines Protagonisten oder Experten, um daraus einen Beitrag zu formen. Genau das war Antons Aufgabe an diesem Tag und würde auch irgendwann meine werden. Ich hielt es deshalb für sinnvoll, mich hinter die Kamera zu setzen und Antons Vorgehensweise genaustens zu studieren. Er unterhielt sich mit Sebastian, einem studierten Industriedesigner, der wahrscheinlich einen der besten Jobs in der Republik hatte. Forschung meets Basteln. Das Gespräch wurde auf Video aufgenommen und ich hatte Angst, dass an einer wichtigen Stelle mein Bürostuhl knarrte. Das passierte natürlich auch.
Mit Leidenschaft bei der Sache
Es gab auch noch andere Highlights. Also mal vom Mittagessen (Linsen mit Spätzle!) abgesehen. Während des zweiten Interviews mit Sebastians Chefin, Karoline von Häfen, saß ich als Statist in einem Sessel und tat so, als würde ich ein ungeheuer wichtiges Dokument lesen. Dabei handelte es sich jedoch um einen Ausbildungsflyer. Das muss sehr intellektuell ausgesehen haben.
In den zahlreichen mal kürzeren, mal längeren Aufbau- und Abbaupausen unterhielt ich mich mit jedem, der mir vor die Flinte kam. Es war sehr inspirierend zu sehen, wie sich Menschen in ihren Jobs entfalten. Ich hatte zudem das Gefühl, dass alle Beteiligten mit Leidenschaft dabei waren. Und das ist ja die schönste Sache der Welt.
Das war mein zweiter Tag bei den Magazinikern. Und wenn man interessante Leute kennenlernt, zum Mittagessen eingeladen wird und voller neuer Eindrücke nach Hause kommt, entschädigt das schnell alle Qualen, die das frühe Aufstehen mit sich bringt.
Schauen Sie gleich rein unter sechsnull.de oder hier können Sie mehr über das Projekt 6.0 erfahren.
„Warum Festo seine Bioniker*innen einfach mal machen lässt“
Wenn Sie wissen möchten, wie der Besuch beim Tüftler-Team von Festo ausgegangen ist, dann schauen Sie gerne bei diesem Artikel vorbei.